Über Fordy, unser neues Campingauto
Eines Tages Anfang Juni 2010 fuhren wir von Wien nach Stillfried. Am Rand von Strasshof war ein Platz der von ein paar wacklerten Zäunen umgeben ist und dort stand er: ein Ford Transit –Kastenwagen Baujahr 2003. Mit extra langer Ladefläche. Über eine Handynummer erreichten wir den Verkäufer. Der Preis entsprach unseren finanziellen Vorstellungen (Walter hat nächtelang im Internet recherchiert). Unser neuer „Fordy“ bekam problemlos das heißersehnte „Pickerl“, nachdem wir einige Reparaturen machen ließen (Reifen, Bremsen…).
Der Vorteil gegenüber unserem alten Campingwagen, dem Nissan Trade, ist der größere Wohnraum (sprich, der Platz, der abseits der Betten zum Wohnen bleibt). Die 1.75 m2 sind geradezu luxuriös im Vergleich zu den 0,75 m2 alten Wohnraum. Wenn wir Kater Fritz früher auf unseren Reisen mit hatten, wurde er wegen Platzmangels entweder auf das Bett oder unter das Bett verscheucht (meist ging er von selbst auf dem ihm zugewiesenen Platz).
Leider sind wir beide nicht mehr so beweglich wie die Affen, und ich lege gerne meine Beine hoch oder schlafe ein Stündchen am Nachmittag. Das war bisher im Campy nicht möglich. Bei Schönwetter kein Problem. Ich nahm meinen Liegestuhl und schlief vor der Tür. Strecksessel vor die Tür stellen heißt aber campen …. und wild campen ist in Mitteleuropa nicht erlaubt, und in Deutschland kommt spätestens nach 5 Minuten ein Wächter, der einem vertreibt oder mit der Polizei droht.( Parken darf man hingegen überall, und was man in seinem Auto macht, geht niemanden etwas an.)
Positive Überraschung: der alte Besitzer des Ford Transit war ein Pedant. Das Auto hat weder einen Rostfleck noch eine Unfalldelle. Wir entfernten die Innenverkleidung und fanden darunter einen völlig unversehrten glänzenden Originallack. Wir isolierten den Innenraum inklusive Boden mit Styropor, darüber kamen Schaumisolationsplatten, die an einer Seite mit Silberfolie beschichtet sind (damit sich das Auto nicht so aufheizt). Die Abdeckplatten waren leicht zu montieren.
Beim „Bauhaus“ haben wir ein neues Holz entdeckt: geleimte Holzplatten aus chinesischen Leichtholz, federleicht im Vergleich zu herkömmlichen Platten. Das Holz zersplittert nicht, wenn man dicke Schrauben hineindreht und ist auch ungestrichen feuchtigkeitsunempfindlich. Das Holz ist so leicht, daß ich die leere Küchenzeile mit einer Hand leicht aufheben konnte. Große Neuerung im Innenraum: ein Bett bleibt immerzu offen, während das zweite Bett bei Tag eine bequeme Sitzbank bleibt. Auf einem Tisch zwischen den Betten kann man bequem essen oder den (kleinen) Laptop aufstellen.
Oberhalb von meinem Bett montierte Walter eine Leselampe. Ich habe Schlafstörungen, und zwischen 3 und 6 Uhr in der Früh kann ich jetzt lesen… bis ich wieder einschlafe… ohne Walter zu stören. Walter hat ca. 200 Meter Kabel verlegt. Wir haben 2 Solarpanelen am Dach und die speisen zwei 40 kg schwere Gelbatterien. Eine Diesel Standheizung sorgt bei kühlen Außentemperaturen für ein warmes Auto.
Ich will mein Gepäck noch einmal reduzieren, aber im Laufe der Jahre ändert sich das Gepäck. Der kleine Laptop braucht einen sicheren Platz, meine Bücher sollten nicht im Laufe der Nacht in mein Bett fallen, und ein Plätzchen für Schmutzwäsche ist von Vorteil. Meine Apotheke wird ( leider) immer größer. und ein Blutdruckmessgerät muß auch mit.
Der neuer „Fordy“ wurde wieder dunkelblau – halbmatt gestrichen – auf keinen Fall schön lackiert, sondern mit einer Rolle so gestrichen, daß das Auto von außen arm aussah. Nur wer kein Geld hat, streicht sich sein Auto selber, und so sieht man jede Fliege die man mitgestrichen hat und jedes Blättchen, welches der Wind auf das Auto geblasen hat. Auf das fertig gestrichene Auto kam die Folie mit der Aufschrift „MESSWAGEN 2“. Wir wollen ja weiterhin möglichst unauffällig durch die Gegend fahren und vor allem ungestört und unentdeckt in der „Oberpampa“ schlafen.
Unser neues Campingauto hat ein paar Pferdestärken mehr in seinem Bauch. Das erleichtert das Überholen. Das Auto wiegt vollgepackt inklusive Wasser und vollen Tank 3200 kg … sogar wenn ich drinnen sitze. Für uns ist somit eine Gewichtskontrolle kein Problem.
Wir wählten die Atlantikküste als Reiseziel, denn im Westen geht die Sonne später unter. Wir waren recht spät dran mit unserer Reise, der Umbau dauerte fast 2 ½ Monate.
Die Reise beginnt
Am 7.September 2010 war es endlich soweit. Wir stiegen erwartungsvoll in unser „neues“ Campingauto. Wir fuhren in Richtung Normandie.
Der erste Eindruck von Frankreich war die Champagne. Ich sah nur schnurgerade wie mit einem Lineal gezeichnete Weinstockzeilen. Jeder Millimeter Erde ist bepflanzt. Die Weinstöcke sind völlig symmetrisch wie die Zinnsoldaten aufgereiht und maschinell zusammengestutzt. Nur wenige Trauben hängen an einem Stock. Wir haben sie gekostet. Da sie mindestens 25x im Jahr gespritzt werden, schmeckten sie schal. Zwischen den Weinstöcken wächst Rasen. Der soll die Feuchtigkeit speichern. Nur ein kleiner Parkplatz vor einem Friedhof ließ uns ein bisschen Platz übrig zum Übernachten.
Das erste Schloss auf unserem Weg war: COMPIEGNE nördlich von Paris. Hier entspannten sich die französischen Könige nach ihrer Krönung in Reims am Weg nach Paris bei Jagd und üppigem Essen. Napoleon verbrachte hier die Hochzeitsnacht mit seiner österreichischen Erzherzogin am Tag VOR der Trauung. Die erzkatholische Marie-Luise zahlte es ihm heim: sie besuchte ihren Gemahl weder auf Elba noch in St.Helena.
Napoleon hat für diese eine Nacht das gesamte Schloss ausräumen lassen und nach seinem eigenen prunksüchtigen schlechten Geschmack wieder einräumen lassen. Leider war im Park eine Jagdshow und wir mußten Eintritt zahlen. Das netteste war ein kleiner Hüterhund, der eine Schar Gänse bewachte und im Gänsetempo hinterher wackelte.
In der NORMANDIE: Apfelbäume wohin man schaut. Calvados heißt der Apfelschnaps benannt nach dem Landstrich. Viele Fachwerkhäuser werden mühsam restauriert. Oft sah man Bauernhöfe von denen man dachte: jetzt kommt Asterix mit seinen Freunden heraus: Vierkanthof aus Steinen gebaut und irgendwo eine kleine Windmühle.
Völlig anders die Stadt LISIEUX:
Die Stadt steht ganz im Zeichen der Heiligen Theresia (1873-1897). 1929 wurde ihr zu Ehren eine riesige Basilika erbaut, die zu einem Pilgerzentrum wurde. Theresias Familie war extrem bigott. Die Mutter brachte 9 Kinder zur Welt, von denen 4 im Kindesalter starben. Therese war das jüngste Kind .Als sie 4 Jahre alt war starb die Mutter an Brustkrebs. Therese, ein sehr lebhaftes Kind, versank in Depressionen. 3 Schwestern gingen zu den Karmeliterinnen ins Kloster, und der größte Wunsch der kleinen Therese war, ihren Schwestern zu folgen. Mit 15 Jahren reiste sie mit ihrem begüterten Vater nach Rom, um die Erlaubnis zu erhalten, ebenfalls ins Kloster eintreten zu dürfen. Der Papst speiste sie mit Floskeln ab. Dennoch gelang es Therese, im Kloster aufgenommen zu werden. Sie starb mit 25 Jahren an Tuberkulose. Ihre 3 Schwestern wurden im Kloster steinalt .
Es gibt Photos von Therese, auch vor ihrem Eintritt ins Kloster.
Auf mich wirkt sie stark „überkanditelt“. Sie reißt die Augen auf und war immer von ihrem Sendungsbewußtsein besessen. Sie wollte immerzu etwas Besonderes werden und womöglich “gleich“ heilig. Ihre leiblichen Schwestern waren ebenfalls überzeugt von der Außergewöhnlichkeit Thereses und schrieben jedes Wort von ihr auf. Ihre ältere Schwester schwindelte ihren Photoapparat mit ins Kloster und so gibt es Bilder, wo Therese neben einem Grab kniet mit einer weißen Lilie in der Hand.
Die ganze Basilika ist voll mit den Aussprüchen Thereses. Ich fand diese keinesfalls außergewöhnlich. Thereses „message“ war von kindlicher Naivität. Es war fast peinlich für mich, diese Floskeln zu lesen, die überall an den Wänden standen. Theresa besuchte insgesamt nur 5 Jahre die Schule und die Aussage ihrer Sprüche wurde wiederholt und abgewandelt im „Windmühlentakt“. Therese dachte in ihrer kindlichen Naivität , daß man nur heilig werden kann, wenn man jung starb, und so verschwieg sie ihre Tuberkulose so lange es ging. Therese wurde von der katholischen Kirche „hochstilisiert“. Wollte man die Bernadette in Lourdes übertreffen? Therese wurde ungewöhnlich schnell heilig gesprochen. Ihre Eltern wurden selig gesprochen. Deren Verdienst war es, die vielen Kinder bigott zu erziehen. Der Vater war begütert und spendete einen Altar. Ich mußte an die großen Heiligen denken, die ihr Leben unter Qualen opferten. Wie die Heilige Johanna.
Wir waren in ROUEN, und dort besuchten wir das Gerichtsgebäude, wo die Heilige Johanna verurteilt wurde. Dann sah ich den Richtplatz, wo sie verbrannt wurde. Ganz Rouen steht im Zeichen der Heiligen Johanna. Tafeln auf den Gebäuden erinnern an ihren Leidensweg. Durch ihre Kraft rüttelte sie den schwachen König aus seiner Lethargie. Sie war es, der es gelungen war, den 100 jährigen Krieg zwischen England und Frankreich zu beenden.
Unsere Reise ging weiter entlang der Seineschlingen. Die Seinemündung: ein breiter Fluß in ein enges Tal gezwängt. Die Ufer : total verhüttelt.
Hier fielen die Wikinger ein, um sich viel später normannische Fürsten zu nennen. In BAYEUX kann man das älteste Geschichtsbuch Frankreichs studieren: 1070/80 wurde ein 70 m langer ca 1 m breiter Teppich bestickt, der die Eroberung Englands durch Wilhelm den Eroberer in Form von Comic-Stickereien erzählt.
Ein bisschen Geschichte: der alte kinderlose englische König Eduard fühlt sein Ende nahen. Er schickt seinen Verwandten Harold in die Normandie um „Wilhelm The Bastard“ nach England zu beordern, um ihn die Nachfolge antreten zu lassen. Die Gesellschaft bricht auf, aber am Strand wird noch ordentlich getafelt. Ein Seemann weist auf die Flut: herrjee … damit haben die satten Lords nicht gerechnet. Sie müssen sich die Beinkleider ausziehen und in Unterhosen zum wartenden Schiff durch das Wasser stapfen. Die Höflinge tragen aber weder ihre Kleider oder Schuhe, geschweige denn Lebensmittel. Sie balancieren ihre „Spielzeuge“ auf den Schultern, nämlich ihre Falken und Hunde (konnten die Hunde von damals nicht schwimmen?).
Schließlich trifft Harold in der Normandie ein. Er wird sofort verhaftet. Er hatte nicht einmal mehr Zeit seine Schuhe anzuziehen. Bloßfüßig geht er ins Gefängnis. Harold ist eine ideale Geißel: man kann für ihn hohes Lösegeld vom englischen König einfordern….
Ganz Bayeux lebt von dem Teppich. Das Museum, das das kostbare Stück beherbergt, hat lange Öffnungszeiten und ist exzellent organisiert. Ein Walky-Talky ist im Preis inbegriffen. Daher brüllen keine Bus-Reiseleiter herum. Die Szenen werden kurz und bündig erklärt, aber man hat genügend Zeit alles ganz genau zu betrachten.
Ich war soooo lange in diesem Museum daß ich halb ohnmächtig herauskam. Walter wartete geduldig auf mich.
Die Normandie war seit eh und je ein heiß umkämpftes Land. Von hier starteten die „Debarquements“. Von hier startete am 6. Juni 1944 die Befreiung Europas von Hitler. Die Kanadier waren die ersten, die unter unendlichen Verlusten landeten (damals als Kolonie der Engländer auf deren Befehl). Die Engländer bauten in Arromaches einen schwimmenden Hafen, da alle Häfen der Normandie von Hitlers Soldaten gut bewacht waren. Churchill ließ einige ausgediente Schiffe als Hafenbasis versenken. Daran heftete er Betonboote, die ebenfalls versenkt wurden So entstand ein Hafen für die Nachschubgüter und weitere Soldaten konnten ungestört landen.
Dieser schwimmende Hafen hielt sogar den wilden Atlantikstürmen im Juni 1944 stand.
Das war er die Landebasis für die Amerikaner. Sie kamen mit flachen Booten und Fallschirmen. SAINTE MERE EGLISE war der letzte Stützpunkt Hitlers in der Normandie. Eine Puppe mit Fallschirm hängt heute am Kirchturm von Sainte Mere Eglise: ein amerikanischer Fallschirmspringer blieb am Kirchturm hängen. Ein Deutscher Heckenschütze wollte in seiner kindlichen Neugier wissen, ob denn der Fallschirmspringer tot sei. Um das festzustellen schoß er auf ihn .Er traf „nur“ das Bein. Der Amerikaner lebte noch, sah den Deutschen auf sich zielen und gab keinen Ton von sich, nachdem sein Bein zertrümmert wurde. Das rettete ihm das Leben. Er wurde nach Stunden von seinen Kameraden befreit.
Im Museum befindet sich eine Dokumentation von diesem Vorfall. Der Deutsche Heckenschütze überlebte ebenfalls und geriet in amerikanische Gefangenschaft. Simon Wiesenthal sollte später nach seiner Befreiung aus dem KZ schreiben: “Das eigene Gewissen ist der strengste Richter“. Jahre später schrieb der Deutsche Soldat dem genesenen Amerikaner einen Brief in dem er sich für seinen „unnötigen“ Schuß entschuldigte. Er schrieb ferner daß er dankbar war in die amerikanische Gefangenschaft geraten zu sein. Er mußte niemals frieren und nie hungern.
Die Amerikaner haben die gotische Kirche von Sainte Mere Eglise restauriert und jedem Amerikanischen Regiment welches an der Befreiung Europas teilhatte ein Fenster gewidmet mit den Regimentsstandarten. Die Hälfte der Fallschirmjäger ist abgeschossen worden. Riesige Soldatenfriedhöfe zeugen von der Europäischen Tragödie. Ein Museum, mit einem Dach, das einen offenen Fallschirm darstellte, bot eine hervorragende Dokumentation.
Die Amerikaner brachten ihre eigenen Konsumgüter mit in das ausgehungerte und ausgebrannte Europa: so sah ich „Lucky Strike“ Zigaretten. Statt Kappen hatten die Amerikaner „Schifferln“ als Kopfbedeckung. Ich sah „Sweet Heart“ Seife, Johnson + Johnson Puder und Nescaffée-Döschen. In Mode kamen „Dufflecoats“. Wir Kinder hatten einen dunkelblauen Dufflecoat. Der Stoff dafür befand sich in einem CARE- PAKET, das meine Mutter bekommen hatte. Diese Schachtel steht heute noch in Stillfried am Dachboden.
Die Fallschirmjäger brachten Overalls mit. Mein Vater hatte einen.
Mich interessierte besonders die Versorgung der Verletzten. Es gab schon Versorgungszelte. Das Operationsbesteck war fortschrittlich. Es war in einen Leinenbehälter zum Aufrollen griffbereit hineingesteckt. So konnte man die ganze Leinenrolle mitsamt dem Besteck sterilisieren, oder eben auskochen. Die „first aid box“ der Fallschirmspringer war mehr als dürftig… etwas Jod, eine Mullbinde…
MONT ST.MICHEL
In der Nacht bevor wir zum Mont Saint Michel fuhren, hatte ich Alpträume. In Erinnerung an das schreckliche Assisi, wo man als Tourist keine Sekunde ungestört verbringen kann. Im Vergleich zu Assisi war Mont St. Michel ein wahres Paradies. Wir fuhren mit unserem Campingauto auf einen riesigen Parkplatz am Festland. Für 10 € Gebühr bekamen wir die Parkerlaubnis für 24 Stunden. Wir wussten von Beginn an, daß wir auf diesen Parkplatz übernachten dürfen. In Assisi hatten wir gerade einmal 2 Stunden Zeit! Hier in St Michele fiel der Zeitdruck weg und so konnten wir jede Minute genießen. Wir schlenderten am geteerten Damm wie hundert andere Touristen auf die Insel zu und weiter durch die engen mittelalterlichen Gassen der Klosterfestung. Wir wurden nie getreten oder geschupst, niemand rannte absichtlich vor mein Objektiv und VOR ALLEM drängten sich keine hupenden Mofas an uns vorbei wie in Assisi. In der wunderbaren romanischen Kirche brüllte niemand „silenzio“. Man durfte solange in der Kirche oder im Kreuzganz verweilen wie man wollte.
Walter hatte Geburtstag, und der Zufall wollte es, dass wir keinen Eintritt zahlen mussten. Für Walter war es ein besonders schönes Geschenk, daß er seinen Geburtstag an diesem besonderen Ort feiern durfte. In Mont St. Michel waren wir stundenlang unterwegs. Danach bereitete ich im Fordy ein leckeres Essen mit französischem Rotwein, und am Abend nutzten wir die warmen Sonnstrahlen und saßen am 19. September 2010 vor unserem Auto und beobachten die Menschen.
In der Normandie gibt es etliche gut erhaltene Schlösser. Es ist interessant zu erfahren, wie sich die adeligen Familien vor der französischen Revolution retten konnten. Die „sans culottes“ waren ungebildet. Die Revolutionäre dachten , daß in der „armen“ Normandie keine Schlösser sein konnten, weil dort wuchs ja nicht einmal Wein. So kam es, dass oft die Originalinneneinrichtung gut erhalten blieb.
Auf einem Picknikplatz hatten wir ein nettes Erlebnis: Es war ca 9 Uhr Abend, und ich lag schon mit meinem Buch im Bett. Plötzlich war heftige Unruhe draußen vor unserem Fordy, und so schickte ich vorsichtshalber Walter vor die Türe um nachzuschauen. Ein ganzer Schwarm von jugendlichen Radfahrern stellten in der Wiese neben uns ihre Zelte auf, ein Auto transportierte das Gepäck. Auf einem kleinen Lagerfeuer wurden Dosen gewärmt. Es war recht kühl an diesem Abend. Am nächsten Morgen sah ich die verschlafenen Gesichter der jungen Leute, die sich ihre klammen Finger an einem Kaffeehäferl wärmten. Als alle wieder auf ihren Rädern saßen, sah ich mir den Picknikplatz näher an: ich sah kein einziges Papierchen am Boden liegen, und die kleine Feuerstelle war mit Erde zugeschüttet.
Der mittelalterliche Hafen „ La Rochelle“ war dermaßen von Touristen überlaufen, daß wir nach einer kurzen Besichtigung weitergefahren sind: zum Schloß MONTSOREAU. Die Loire ist dort besonders breit und umgeben von Kalktuff. Dieser weiche Kalkstein war ein ideales Baumaterial für Schlösser und gotische Klöster (Fontverauld). Der Küstenstreifen schaut durchlöchert aus. Die Armen nutzten die Löcher als Wohnraum und Unterschlupf, die Reichen als Weinkeller. Findige Bauern züchteten Champignons in den Höhlen, um eine neue Delikatesse für die verwöhnten Gaumen der Adeligen herzustellen.
Das Schloß MONTSOREAU wurde direkt an die Loire gebaut. Alexander Dumas verwendete eine Liebesgeschichte die sich in diesem Schoß abgespielt haben soll für einen Roman. Das zieht Besucher an. Das Schloß wurde während der Französischen Revolution vollkommen leergeräumt. Ein findiger „Regisseur“ hat dieses kahle leere Schloß zu einem Publikumsmagneten gemacht. Er hat mit einer „son et lumiere“- Show das Schloss zu neuem Leben erweckt. Der Besucher wird in die Welt des Mittelalters hineinversetzt. Besonders nett fand ich die Dokumentation über Wetterfahnen: Phantasieobjekte zierten den höchsten Punkt des Landsitzes. Dieses Kennzeichen der Adeligen war den französischen Revolutionären ein Dorn im Auge und so wurden sie systematisch zerstört. Im 19 Jahrhundert kamen die Wetterfahnen wieder in Mode und schmückten diesmal die Dachfirste der Loireschiffer.
FONTEVRAULD ist die größte Klosteranlage Frankreichs. Die Entstehungsgeschichte ist ungewöhnlich: Um 1100 zog der Wanderprediger Robert Abrissel durch die Landen und sammelte auf seinen Reisen die Ausgestoßenen auf. Das waren Marketenderinnen, Leprakranke, Verwundete die von den Kreuzzügen heimkamen, geistig umnachtete und behinderte Menschen. Dieses ausgestoßene, bettelnde Volk war stets unerwünscht und den Adeligen ein Dorn im Auge. Robert Abrissel gelang es, den Adeligen einen festen Platz abzutrotzen, weit genug von den Schlössern entfernt , aber nahe genug, um innerhalb einer Tagesreise die Essensreste der vorhergegangenen Gelage zu erhalten.
Männer und Frauen lebten zusammen, was den Klerikern zu Ohren kam und mißfiel.
Die Kirche zwang diese lockere Gemeinschaft zur Ordensgründung mit einer Mutter Oberin als Vorstand. Die Äbtissin war Herrscherin über Klosterbrüder, als auch über die Schwestern.
Die Schwestern wurden ausschließlich zum Gebet herangezogen und die Männer für die anfallenden Arbeiten. Die Männer bekamen dennoch nur die halbe Portion Essen und durften die Reste nicht persönlich an die Armen verteilen. Das war Vorrecht der Äbtissin. Der Titel der Äbtissinnen, die meist aus adeligen Kreisen abstammten war: „Domina“. Nur sie bestimmte die Regeln: es war absolutes Redeverbot, um keinen Tratsch zuzulassen. Nur im Refektorium durfte gesprochen werden und zwar nur eine öffentliche laute Beichte. Die Äbtissin bestimmte das Ausmaß der Strafen: Geißelungen und Essensentzug.
Im riesigen ungeheizten Schlafsaal wurden die Kabinen durch Vorhänge getrennt. Die Äbtissin hatte von ihrem Balkon aus einen Einblick in alle Kabinen. In den besten Zeiten war die Essenszubereitung für 300 bis 500 Kloster Leute ein schier unlösbares logistisches Problem und daher wurde eine riesige Küche gebaut mit speziellen Abzugssystemen. Durch diese einmalige Küche ist das Kloster heute so berühmt. Dort wurde die Lauchsuppe kreiert.
In der gotischen Kathedrale liegen in wunderschönen Hochgräbern die Englischen Könige „Plantagenets“: Elenore von Aquitanien, ihr erster Gatte Heinrich II von England und ihr Lieblingssohn Richard Löwenherz.
Der berühmteste Gast von Fontevrault war Elenore von Aquitanien, die sich in ihrem hohen Alter in dieses Kloster zurückgezogen hatte und dort mit 84 (!) Jahren starb (1120-1204). Auf ihrem Hochgrab schaut sie jung aus, mit einem blauen Mantel bekleidet, sie hält ein Buch in der Hand, ein Zeichen ihrer hohen Bildung. In ihrer Liebe zur Dichtung führte sie die Blütezeit der höfischen Lyrik herbei, von der Werke wie „Tristan und Isolde“, „Lanzelot“ und „Parzival“ zeugen.
Unser Weg führte über die Pyrenäen nach Spanien. Der nächste größere Ort in Spanien ist BILBAO. Hier sind wir schon 3x beim Guggenheim Museum wegen Parkplatzmangel vorbeigefahren, und so beschlossen wir diesmal, uns einen Garagenplatz zu nehmen.
Die Garage war zu niedrig für unseren Ford-Transit, und es war bis an den Rand von Bilbao kein Mausloch zu finden wo wir unser Auto hätten stehen lassen können. So fuhren wir weiter der Küste entlang um einen Schlafplatz zu finden. Ganz neu sind überall an den Stränden aufgestellte riesige Verbotstafeln in etlichen Sprachen. Wir fühlten uns von diesen Tafeln fast „verfolgt“. Seelenruhig schliefen wir dann auf den Parkplätzen vor leeren Ferienwohnungen, die zum Verkauf ausgeschrieben waren. Am nächsten Morgen stapfte ich zum Strand, um mich unter die kalte Dusche zu stellen. Erfrischt und gut gewaschen kehrte ich zum Fordy zurück. Nur ein paar Hunde, die gerade Gassi gingen, schauten mir verwundert nach.
SANTILLANA del MARE war der nächst Ort, den wir anfuhren, weil der mit einem Sternchen in der Landkarte versehen war. Der Ort war arm und lag tief in den Bergen. Die alten mittelalterliche Fachwerkhäuser konnten wegen Geldmangels nie durch neue ersetzt werden. Daher blieb der mittelalterliche Dorfcharakter bis heute erhalten. Es gibt noch ein original erhaltenes „Lavoir“. Das ist ein überdachter Waschplatz, durch den ein Bächlein fließt. Die Mägde brachten die Wäsche dorthin und tratschten über ihre Herren.
Wir zahlten 2 € für den Parkplatz , und da wir zu Mittag ankamen war die Stadt fast leer, alle Souvenir Geschäftchen fest verschlossen und von „Touristenflair“ nichts zu bemerken. So klein ein Dorf früher auch sein konnte, die Kathedrale war riesig. Es gab ein Frauen– und ein Männerkloster in dieser unwirtlichen kalten Gegend. Im feuchten, kalten Frauenkloster befindet sich eine hochkarätige Sammlung von sakralen Holzschnitzfiguren. Die Gesichter dieser Figuren waren grotesk einfach. Mir gefielen die tollkühnen Darstellungen vom Teufel besonders gut. So vielen Teufeln wie in diesem Kloster war ich bisher nie begegnet. Faszinierend fand ich die lebensgroßen Prozessionsfiguren mit ihren langen Echthaarperücken. Den Frauen die in das Kloster eintraten, wurden die Köpfe geschoren.
Aus den Haaren wurden die Madonnenperücken gemacht.
Wir bereiten unsere Reisen kaum vor, aber wenn wir riesige kulturelle Anzeigetafeln sehen, dann bleiben wir stehen. So in „La OLMEDA“ Villa Romana. ( ca 100 km östlich von -Leon).
Diese „Villa Romana“ ist ein völlig in sich abgeschlossenes römisches Dorf, ähnlich wie in Sizilien in Piazza Amerina. Die Ausgrabungen sind überdacht. Das Besondere an diesem Museum ist die Dokumentation, durch die die Denkmäler zum Leben erweckt wurden. Ein Beispiel: ein römischer Grabstein wird mit Video überspielt und der Römer spricht zum Besucher und erzählt seine Geschichte. Dieses Dorf wurde von einem römischen Tribunen erbaut. Er nahm sämtliche Sklaven und Diener mit und verwaltete das Dorf wie ein unumschränkter Herrscher. Er war Herr über Leben und Tod und bestimmte über Leben und Leute, die ihm untergeben waren. Dieser römische Tribun hatte edlen Geschmack, denn er ließ seine Fußböden mit wunderbaren Mosaiken verzieren. In diesen Mosaiken sind Jagdszenen und die die Familiengeschichte festgehalten. Vielleicht hat sich der Römer aus Steuergründen so weit weg von Rom abgesetzt, oder er wollte sich dem dort herrschenden Kaiser nicht unterwerfen, vielleicht war er ein Despot, der gerne selber herrschte. Seine Frau starb jung in dieser kalten Einöde, die Söhne fielen dem Vater in den Rücken.
Tag und Nacht, Sommer und Winter wurde das Bad in 3 Wärmestufen beheizt. Es wurde so lange geheizt, bis kein einziger Baum mehr im Umkreis von 100 km mehr wuchs. Wie das Dorf „endete“ ist nicht dokumentiert, aber man nimmt an, daß die Barbaren (Spanier) es zerstört hatten. Das Dorf liege lag so abseits, daß es in Vergessenheit geriet und daher sind die Reste und die wunderbaren Mosaike so gut erhalten. Edle Funde aus der Römerzeit waren zu sehen: ein Kinderschuh, Glaskaraffen, die damals mehr Wert hatten wie Gold. Glas war viel schwerer zu bearbeiten, weil man die Glasbläserei noch nicht kannte.
Wenn man durch den Nordteil Spanien fährt, kommt man unwillkürlich immer auf den Pilgerpfad nach Santiago di Compostella. Besonders nett sind die Dorfbrunnen mit frischem gut schmeckendem Wasser. So habe ich mir oft den Kopf am Dorfbrunnen gewaschen J
Seit neuestem steht ein überdimensionales Schild neben diesen Brunnen auf den in mehreren Sprachen geschrieben steht : „Dieses Wasser wurde von der EU nicht kontrolliert.“ … Aha, darum schmeckt es nicht nach Chlor.
SAHAGUN ist ein kleiner Ort am Weg nach Santiago di Compostella. Dieses spanische Dorf nennt 3 riesige romanischen Kathedralen sein eigen. Zu Zeiten der Pilgerhochblüte boten diese Kirchen Unterkunft, Essen und Pflege. Heute kann man eine exquisite Sammlung von riesigen „Prozessionstableaus“ bewundern. Die Figuren stellen die Leidensgeschichte Jesus dar , sind alle lebensgroß und realistisch dargestellt. Sogar ein gläserner Sarg mit dem Leichnam Christi wird zu Ostern im Dorf herumgetragen. 8 -12 starke Männer tragen diese schweren „Tische“ auf ihren Schultern. Zum Abstellen gibt es Vierkantpfosten, wenn die Prozession wegen eines Gebetes stillsteht. Die Träger sind eingekleidet wie die Ku–Klux–Klan–Männer: mit violetten Gewändern und spitzer Kapuze, wo nur Seeschlitze geschnitten sind. Die Kutten sind mit einem Strick um den Körper gebunden.
PORTUGAL
Der erste Eindruck: hier gibt es keine einengenden Höhenlatten, die uns die Einfahrt zu einem Parkplatz verwehren. (In Frankreich und Spanien gab es sogar Supermärkte, wo man mit einem höheren Auto nicht einkaufen konnte.) Die riesigen Verbotsschilder am Strand, wie in Spanien, gab es nicht: hier hatte man als Gast das Gefühl willkommen zu sein. Die großen Parkplätze bei den berühmtesten Kathedralen sind kostenlos und sehr besucherfreundlich, also meist mit blitzsauberer Toilette und Brunnen. Was einem sofort auffällt, sind die vielen schönen Kacheln die fast jedes Haus zieren. Die öffentlichen Gebäude übertreffen sich an Schönheit ihres Hausschmuckes mit Kacheln. Die Kunst des Kachel Malens und Brennens haben die Portugiesen von den Mauren übernommen und bis heute bewahrt (AZULEJOS heißt auf Arabisch „bunte Steinchen“). In Portugal gibt es 2 Hochkulturen: nämlich die Romanik (Mittelalter) und das üppigste Barock, das finanziert wurde durch Ausrauben der Kolonien, vor allem Brasilien.
PONTE DE LIMA, BRAVAES, PONTE DA BARCA: an diesen 3 im Norden gelegenen Orten konnte man die gesamte geschichtliche Entwicklung Portugals ablesen.
BRAVAES: ein kleines Dorf im Norden, welchen tief in den Bergen liegt. Hier steht ein Kirchlein mit einem außergewöhnlich schönen, romanischen Tor.
Im Mittelalter war Ackerbau schwerste Arbeit. Der karge Boden konnte die Familien nie ausreichend ernähren. So gingen die jungen kräftigen Männer oft zur See oder schlossen sich den Kreuzzügen an, in der Hoffnung, ihrem Elend zu entfliehen. Nur wenige Männer kamen zurück. Nach den anderen wurde nicht mehr gefragt.
Die Heimkehrer waren meist krank und ausgebrannt. Sie fielen in ihre Lethargie zurück. Für Neubauten gabs kein Geld. Man ging jahrhundertelang in dieselbe romanische Kirche und ließ sich von den apokalyptischen Ungeheuern, die die Eingangstore zierten, angrinsen.
PONTE DE LIMA besitzt eine Brücke die großzügig von den Römern erbaut wurde. Diese Brücke war lebenswichtig für den Anschluss an die große weite Welt, somit Gold und Silber aus den Kolonien. Die Kleinstadt strotzt vor barocken Kirchen. Sogar die holzgeschnitzten Hochaltäre sind versilbert, jetzt natürlich kohlrabenschwarz oxydiert. Fürs Gold hat dann doch nicht gereicht.
Ponte de Barca hat nur mehr ein mittelalterliches Steinbrückerl , ein paar Mühlen waren in früheren Zeiten der einzige wirtschaftliche Reichtum. Die Dorfkirche Barock. Der Kirchenschatz: ein Stück Silber gespendet von einem König für sein eigenen Seelenheil.
Im bergigen Norden Portugals wächst Wein. Der steinige Boden hält die Wärme und der Atlantik bringt mit den Nebelschwaden Feuchtigkeit. Die Weingärten werden von uralten Steinstützmauern gehalten. Die Stöcke sind mannshoch auf Gerüsten gezogen. Man erntet nur die Trauben, die herunterhängen. Die oberen Blätter schützen vor der unerbittlichen Sonne. Geerntet wird so spät wie nur möglich. Zwischen den Rebstöcken wächst ebenfalls Gras. Der Weingarten ist im Gegensatz zu der Champangne etwas ungepflegt.
LEUTE VON HEUTE in PORTUGAL
In Malaysien hörten wir ein Schimpfwort, das für unsere Ohren ungewöhnlich war: „Portugieser“. Ich habe gefragt wieso Portugieser ein so böses Schimpfwort ist. Die Antwort lautete: Sie haben nichts gebracht, außer Kanonen. Krieg und Krankheiten. Die Eroberer waren hochmütig. Heutzutage steht Portugal knapp vor dem Staatsbankrott. Die „Piazzas“ sind voll mit Männern aller Altersstufen . Man sitzt und raucht und tratscht auf den öffentlichen Bänken . Die Kaffeehäuser mit ihren 1000 Sesseln auf den Gehsteigen sind gähnend leer. Man hat kein Geld mehr für Kaffee, ABER: jeder besitzt ein Auto und natürlich wird viel mit dem Handy telephoniert. Kein Schritt wird zu Fuß gegangen. Das Auto ist immer noch das Statussymbol. Es wird überall stehen gelassen, wie früher das Pferd.
Ich habe gehört, dass sämtliche Autos auf Kredit laufen. Wenn ein Kredit nicht mehr bezahlt werden kann wird das Auto zum Verkauf frei gegeben. So sind ganze Landstriche voll mit alten Autos, die vor sich hinrosten.
Die Portugiesen sind auf den Fremdenverkehr angewiesen. In allen Städtchens die wir besucht haben, reiht sich ein Souvenirladen an den nächsten. Besonders genau schaute ich mir die „Folkloreprodukte“ an. Die kamen durchwegs aus China. Ein Beispiel: ich erstand ein wunderschön besticktes Tuch mit langen Fransen in einem „chinesischen Kleinstladen“ um 5 Euro. Vor einer gotischen Kathedrale wurde dasselbe Produkt in einem Souvenirladen als portugiesische Folklore angeboten und kostete 20 Euro.
In Portugal gibt es wenige Supermärkte. Die meisten sind französische Ketten wie „Carfour“ oder „Intermarchee“. LIDL–Läden gibt es ebenfalls. Unendlich viele Kleinstläden reihen sich aneinander. Angeboten werden Dinge, die man nie braucht, wie Püppchen, Deckchen, Plastikspielzeug, Kinderbekleidung, Zier-Bettwaren. Sämtliche Produkte stammen aus China.
Die Einheimischen kaufen hauptsächlich bei den preisgünstigen Wochenmärkten. Dort gab es herrliche Früchte und Gemüse, von Bauern angebotenen Wein und selbstgepreßtes Olivenöl. Ich kaufte aromatische Fleischtomaten um 1€ pro Kilo, wunderbare Oliven, ganze luftgetrocknete magere Speckseiten und kiloweise Käse, der in Wachs frisch gehalten wurde.
Diese Wochenmärkte hatten ein reiches Angebot an Pflanzen. In Portugal wird im Herbst in jedem Garten Wintergemüse angebaut. Ich sah Marktstände die voll waren mit getrocknetem Stockfisch aus Norwegen. Früher haben die Portugiesen ihre Fische selber gesalzen und getrocknet. Es gibt für Stockfisch angeblich 365 Rezepte. Früher war Stockfisch das Nationalgericht, heute ist es Spanferkel.
In MITTEL-PORTUGAL sind die barocken Kirchen von einer unglaublichen Pracht. Wenn man so ein kolossales Gebäude betritt, ahnt man, welche Schätze die katholische Kirche ihr eigen nennt und wie groß die Ehrfurcht eines kleinen Bauern in früheren Zeiten war, beim Anblick dieser Fülle. Heute sieht man diese Pracht mit anderen Augen: Betritt man eine Kirche, sorgt eine lebensgroße Madonnenfigur für Aufsehen. Die Ärmste hat ein Dutzend Springmesser in ihrer Brust stecken. Aus ihrem reich bestickten weißen Brokatgewand spritzt das Blut in Form von Granatsteinen. Ihr Gesicht ist verzerrt. Das ist für jedermann verständlich, weil ihr Sohn so grausam hingerichtet wurde. Madonnas Blick ist nach oben gerichtet und sie weint blutige Tränen . Sie fühlt wahrscheinlich die schwere Last ihres riesigen Heiligenscheins aus Silber mit Goldeinlagen. Das Edelmetall wurde von den Portugiesen in den Kolonien von Südamerika geraubt. Wie viele Menschen mussten für diese Pracht ihr Leben lassen, oder wurden gefoltert und gequält… Jetzt steht „sanctus, sanctus“ mit Edelstein verzierten Buchstaben auf dem Heiligenschein.
Geht man als Besucher ein paar Schritte weiter, sieht man den blutüberströmten zu Tode gefolterten Christus mit entseeltem Blick am Kreuz hängen. Auf den blau-weißen Kachelbilder beweinen Klosterbrüder einen Toten oder sie verscheuchen böse Teufelsfigürchen. Die nächsten Bilder erzählen von Heiligenlegenden: ausgemergelte, geschundene Leiber erleben ihre Todesstunde. Ein Engel wartet auf die heilige Seele, böse Teufelchen zerren an dem leblosen Körper. Sogar das Christuskind in seiner Krippe schaut verzweifelt drein , die meisten knackigen Putten, die erfreut den Erlöser auf dieser Erde willkommen heißen sollten, blicken traurig bis verzweifelt.
Der Hochaltar, die Kanzel und die Deckenverkleidung sind aus Brasilianischem Edelholz geschnitzt. Tausende Bäume mußten von den Eingeborenen gerodet und transportiert werden, um einen Altar zu schnitzen, der die Vorderfront einer Kathedrale ausfüllt. Wie man in den Kolonien sein Land abgesteckt hat, schildert ein Kachelbild: Ein Eroberer in prunkvoller römergleichen Rüstung hält sein Szepter auf einen Landstrich. Geschäftige Klosterbrüder legen eine Schnur, und das Land ist mit „Gottes Segen“ zu einer Kolonie der Portugiesen geworden. Im Hintergrund liegen gefangene Eingeborene, nur mit einem Federkleid bedeckt in Ketten gefesselt.
Der Besucher strebt fluchtartig dem Ausgang zu. Er ist deprimiert und schämt sich seiner Lebensfreude. Er möchte sich dennoch mit dem Himmel versöhnen und blickt hinauf: dort oben am Gesims hocken duzende steinerne Wasserspeier deren Fratzen schmutziges Wasser auf den Besucher spucken. Manche furchteinflößenden Geister drehen dem Fliehenden sogar ihre Kehrseite hin.
Waldbrände in Portugal
Wenn man an Portugals Wälder denkt, dann denkt man an riesige Korkeichen. Korkeichen wachsen langsam, sind geschützt und benötigen viel Platz. Eine Korkeiche kann erst ab dem zwanzigsten Wachstumsjahr geschält werden. Bis die Rinde nachwächst dauert das nochmals 10 bis 12 Jahre. Korkeichen wachsen im heißeren Süden des Landes. Im Norden sah ich nur Eukalyptuswälder. Diese Baumart wächst schnell und kann als Bauholz oder als Spanholz für Platten verwendet werden. Eukalyptus wirft somit schnell Profit ab. Der Nachteil ist, daß sich die abgetrockneten Rindenteile von selber schälen und zu Boden fallen. Bei hohen sommerlichen Temperaturen entzünden sich diese trockenen Haufen leicht und lösen Brände aus. Ich sah riesige abgebrannte Flächen. Der Vorteil ist, daß sich die Bäume nach einiger Zeit doch erholen und die Erde gedüngt ist. Eukalyptus laugt die Erde schnell aus.
In früheren Zeiten dachte man nie an Aufforstung. Was in dem kargen Portugal nicht wuchs, wurde aus den Kolonien herbeigeschafft.
Begegnung mit einem Schuhputzer:
Ich kann mich nicht erinnern, in Europa je einem Schuhputzer begegnet zu sein. Wir schlenderten durch AVAIRO, und als ich einen Schuhputzer sah , der recht behände die Schuhe eines Mannes polierte, blieb ist in einigem Abstand stehen.
Der Schuhputzstand bestand aus einem wackeligem Stockerl und einer umgedrehten Holzkiste, die als Fußstütze diente. Nachdem der Kunde seine frisch geputzten, glänzenden Schuhe bestaunt hatte, zog er aus seinem Hosensack einen 10 € Schein. Der Schuhputzer wechselte das Geld im zwei Schritte entfernten Beisel und retournierte einen 5 € Schein. Nach einem kräftigen hand-shake verschwand der Schuhputzer für eine Weile im Beisel. Zufällig hatte ich Lederschuhe an, die ich mir putzen lassen wollte. Schuhe putzen war für mich ein Vorwand ich wollte mit dem Mann reden. Ich setzte mich behutsam auf das Stockerl und wartete. Der Schuhputzer entdeckte mich. Er hielt ein halbvolles Weinglas in der Hand und deutete mir, dass ich warten soll. Als er sich auf seinem niedrigen Stockerl niederließ, sprach er mich in französisch an. Er fragte mich woher ich komme und wie alt ich sei. Nachdem ich ihm alle Fragen beantwortet hatte, stellte er sichtlich befriedigt fest, daß er jünger ist als ich und mein Französisch „pauvre“ (arm). Der Schuhputzer musterte meine etwas ausgetretenen Schuhe und stellte fest daß sie noch nie geputzt wurden und auch nicht mehr elegant waren. Ich fragte ihn nach seinem Leben und er antwortet mir, daß er insgesamt 12 Berufe ausgeübt hatte. Er zählte sämtliche Jobs auf die vom „Kreuzritter“ bis zum „Seefahrer“ (wenn nicht gar Eroberer) reichten. Als meine Schuhe schon längst glänzten sagte er folgendes: „Ich habe mein Leben lang gearbeitet und nie gebettelt“. Ich gratulierte ihm zu seiner Arbeitsmoral und fragte wieviel ich ihm zahlen DÜRFE. Er verlangte 3 € von mir. Ich habe deutlich gehört, daß er von meinem Vorgänger nur 2,50 € verlangt hatte. Vielleicht schlug er bei mir 50 Cent Ausänderrabatt drauf ? Ich hielt ihm ebenfalls einen 10 € Schein hin, der Schuhputzer ging ins zwei Schritt entfernte Beisel und kam mit dem Wechselgeld zurück. Ich nahm nur den 5 € Schein entgegen. Der Schuhputzer drückte meine Hand so fest wie mit einem Schraubstock und kehrte hochzufrieden zurück in seine Weinstube.
TOMAR:
Tomar ist berühmt für seine Kreuzritterburg aber das interessierte mich bei unserer Ankunft wenig. Mitten in der Stadt war ein riesiger Markt, und aus den Festzelten roch es verlockend nach frisch gegrilltem Fisch. Nur dort wollte ich hin. Ein hilfsbereiter Einheimischer zeigte uns den Weg zu dem nahen Campingplatz, indem er vor unserem Fordy herlief! Wir fahren sonst nie einen Campingplatz an, aber bei diesem Volksfest wollte ich unbedingt dabei sein.
Walter meinte eine ordentliche warme Dusche täte ihm auch gut. Vor dem Festzelt standen etliche Einheimische, die auf einen Platz warteten. Ich aber schritt geradewegs durch die Menge auf 2 leere Plätze zu. Auf einem Plakat habe ich gelesen, daß es sich um ein „Benefizfest“ für den Sportverein handelte. Es waren viele Helfer unterwegs. Markante gelbe T-Shirts mit dem Aufdruck des Sportvereins zeichneten sie als Servierpersonal aus. Ich beobachtet interessiert das Geschehen. Es herrschte Chaos. Man merkte, dass die freiwilligen Helfer total überfordert waren. Es gab keinerlei Zusammenspiel des Personals. Die Helfer brüllten sich durch das Zelt Anweisungen zu, die dann doch nicht befolgt wurden. Walter verteidigte meinen Platz neben ihm, und ich suchte mir einen „Dolmetscher“ – schließlich wollte ich etwas essen. Ich fand einen jungen Mann mit Gipsbein und Krücken: „Das ist der richtige“ – dachte ich – „der kann mir nicht davon laufen“.
Höflich fragte ich den maroden Sportler, ob er Englisch spricht. Er war hilfsbereit und bestellte für uns brüllend Essen und viel Bier (in Portugal heißt das Bier „Super Bock“ und wird nur in ganz kleinen Flaschen abgefüllt). Das Essen kam eines nach dem anderen und schmeckte köstlich. Ich beobachtete Leute um mich, die mit höchstem Genuß riesige Fleischplatten leeraßen und Humpen voll köstlichem Rotwein austranken. Die Stimmung im Zelt war dementsprechend fröhlich. Sogar uns wurde heftig zugeprostet. Als wir fertig gegessen hatten und viel Bier und Rotwein getrunken hatten, wollte ich zahlen. Ich suchte meinen Sportler mit Gipsfuß. Er war nirgends zu finden. Wie sollte ich ohne Sprachkenntnisse zeigen was wir alles gegessen hatte?
Mir kam eine Idee: Ich riß ein großes Stück vom Packpapiertischtuch ab und zeichnete alles auf: 8 Fische, 2 Becher Bier (auf meine Becher schrieb ich „Super Bock“), 4 Weckerln, 2 Krautsuppen (die ließ ich dampfen und zeichnete 2 Suppenlöffel neben die Schüsserln), ein großer Teller Salat: leider hatte ich keinen Rotstift für die Tomaten dabei. Die Weinkaraffe aus Ton zeichnete ich so wie sie vor mir stand und schrieb 1 Liter daneben. Mit meinem graphischen Meisterwerk ging ich zur Kassa und zahlte 17 €. Der freundliche Kassier lachte herzlich über meine Zeichnung , faltete sie behutsam zusammen und steckte sie in seine Hosentasche. Vom vielen Alkohol und den Rauchschwaden der Zigaretten und des Grillgutes leicht benebelt kehrten wir zu unserem Campingauto zurück.
Begegnung mit einem amerikanischen Paar, welches mit dem Fahrrad unterwegs ist
Auf den Campingplatz begegnete ich einer Amerikanerin und einem Amerikaner mit ihren schwer bepackten Fahrrädern. Da ich dereinst selbst viele Reisen per Rad gemacht habe (Ungarn, Tschechien, Slowakei), interessierte ich mich vor allem für das Gepäck. Die Ausrüstung bestand ausschließlich aus österreichischen Markenprodukten, und so dachte ich, die Radfahrer kämen aus Österreich. Ich war sehr erstaunt als mich 2 fröhliche Amerikaner mittleren Alters (ich schätze zwischen 45 und 47 Jahren) begrüßten. Ich habe das Paar sofort in unseren Fordy eingeladen, und wir hatten alle vier gut Platz. Walter platze fast aus den Nähten so stolz war er auf unsern bequemen neuen Ford-Transit.
Der Amerikaner war bis jetzt 130 000 km (richtig: hundertdreißigtausend!) in der Welt mit seinem Fahrrad unterwegs. Er fuhr durch ganz Indien, Cambodia, Laos, Vietnam, Thailand, Malaisien … dann lernte er seine Frau kennen und zu zweit radelten sie von der Ostküste zur Westküste von Amerika und durch Südamerika. Ich fragte wie eine Reise in den fernen Osten bei dieser Hitze möglich ist. Er sagte man muß ab Mitternacht fahren und währen der größten Hitze schlafen. Beide sind seit jeher mit einem kleinen Zelt unterwegs, haben eine Miniküche dabei, und für das kühle Europa sehr gute Schlafsäcke.
In Indien war der Amerikaner noch alleine unterwegs. Ich fragte wie er sich Ruhe vor den ewig bettelnden Kindern verschafft hatte. Er sagte, dass die Kinder einen Radfahrer nicht anbetteln, weil die glauben, wenn man nur mit dem Fahrrad unterwegs ist man arm. Er hatte immer gute Schafplätze . Ich fragte genauer: Er klopfte bei einem Haus an von dem er sich denken konnte, dass ein Innenhof vorhanden war. Dann fragte er nach Wasser (die meisten Inder haben ein keramikgefiltertes Wasser) und fragte, ob er im Hof rasten darf. Er wurde mit Gastfreundschaft überhäuft und – Handy sei Dank – oft weiterempfohlen. Er schreibt für eine amerikanische Zeitung Reiseberichte, beantwortet Leserfragen und arbeitet für einen Radiosender.
Ich fragte: wie kommt man in Europa zu interessanten Gesprächen und wie ist das mit den Schlafplätzen? In Europa fragt er oft Leute die ihm interessant erscheinen nach dem Weg, obwohl er selber den Weg kennt. Er überlässt so wie wir auf unseren Reisen viel dem Zufall und dem Bauchgefühle. Wenn er einen schönen gepflegten Garten sieht, fragt er, ob er für eine Nacht sein Zelt aufstellen kann. In Europa , vor allem Deutschland und der Schweiz , wird er oft mißtrauisch abgewiesen, aber je weiter er in den Süden kommt, je gastfreundlicher sind die Menschen.
Wie ist die Amerikanerin dazu gekommen so riesige Radtouren zu machen? Sie litt schon in ihren jungen Jahren an Artritis und muß jede Menge Medikamente nehmen. Ihr Arzt riet ihr „immer in Bewegung“ zu bleiben, damit die Gelenke nicht versulzen. So kam sie aufs Radfahren und ein glücklicher Zufall hat die beiden in Budapest (!) zusammengeführt. Sie fahren unterschiedlich viele Kilometer, aber maximal 100, je nach Berge oder Steigung. Die Räder waren schwer bepackt. Oft stellen sie ihr Zelt in der „ Oberpampa“ oder im Wald auf und oft erst bei Einbruch der Dunkelheit. Ich fragte nach ihrem Beruf: sie ist Grafikerin, ebenfalls freiberuflich und sie arbeitet fast nur am Computer.
Ihr Beruf ist der Grund warum die beiden „nur mehr“ 3 Monate im Block unterwegs sind. Ihre Kunden warten auf ihre Rückkunft. Sie haben ihre Fahrräder nach Madrid fliegen lassen und fliegen über Lissabon zurück. Die beiden haben ein kleines Haus an der Kanadischen Grenze mit einem Gemüsegarten, der kaum Platz übrig läßt für ein Eckchen Wiese wo man seinen Liegestuhl aufklappen könnte. Die beiden besitzen nur einen 10Jahre alten Fernseher und kein Auto. Alles wird per Fahrrad erledigt, auch im Winter. Wenn die Amerikaner unterwegs sind, haben sie einen professionellen „housekeeper“ gemietet. Der füttert die Katze und pflegt den kleinen Garten bzw. isst das gute frische Gemüse auf, welches sie gepflanzt hat (das sagte sie im Scherz).
Ich fragte: Professioneller housekeeper? Was ist das?
Es gibt eine spezielle Internetseite, wo housekeeper empfohlen und getestet werden. Ein housekeeper zieht in das Haus ein und bleibt so lange drinnen bis der Besitzer zurückkommt. Der Besitzer bietet sein Haus als Unterkunft an und muß als Entschädigung nichts dafür zahlen. So ziehen die Housekeeper von einem Ort zum andern, haben meist nur ein Auto (oder einen „Van“) für ihre persönlichen Sachen und zahlen nie Miete. Ich fragte ob da nicht viel gestohlen wird, oder ob man sein Haus als „Schlachtfeld“ wiederfindet. Mir wurde gesagt daß das nie vorkommt, sonst ist der housekeeper seinen „Job“ los.Ich fragte, wie denn die housekeeper ihr Geld verdienen? Heute geht alles übers Internet. Jeder Haushalt hat einen Internetanschluss und die housekeeper haben „Internetjobs“.
Wir verließen langsam Portugal in Richtung Rückreise über Spanien. Die erste Stadt die wir anfuhren war CACERES in der Extremadura. Es ging durch karges steiniges trockenes Land. Die Altstadt von Caceres ist eng und die hohen Mauern abweisend. Überall sieht man schwer vergitterte „Spione“ durch die die gestrengen Augen der Inquisitionsspione sämtlicher Sünden der Bewohner gewahr wurden. Auf dem Hauptplatz sah ich ein Restaurant mit einem wunderschönen Kachelbild:
Cocina Tradicional: das klingt verlockend. Wie frisch die Rindskoteletten ausschauen, der Tunfischrücken oder gar die geräucherten Würste. Zwiebel, Knoblauch und Zitronen werden als Gewürze angezeigt und alles im frischen Olivenöl gebraten. Bevor ich mich in einem Restaurantsessel fallen ließ, schaute ich vorsichtshalber auf die Teller der Gäste. Dort fand ich Pommes Frittes, Fleischbröckerln in einer Tomatensauce aus der Dose, oder eine Tiefkühlpizza von der Firma Nestlee. Wurde ein Fisch bestellt, mußte man den auf dem Teller suchen, dafür lag ein Berg Brot daneben, damit der Gast satt wird. Ich verzichtete auf die „Cocina Tradicional“ und bereitete für Walter und mich in unserem Campingauto ein leckeres Mal.
Der nächste Ort den wir anfuhren war TRUJILLO. Wir blieben in der Nähe der alten „Rotonda“ ( Stierkampfarena) stehen und gingen zu Fuß auf die Burg maurischen Ursprungs und zum Hauptplatz. Dort stand ein riesiges Bronzedenkmal: ich mußte 2x hinschauen. Der stolze Reiter, der sich und sein Schlachtroß mit einer Rüstung schützte, war doch tatsächlich Franzisco Pizarro. Ein riesiger Federbusch aus Bronze zierte seinen Helm.
Ich lese zumeist das richtige Buch zur richtigen Zeit und so wußte ich über Pizarro genauestens Bescheid. Ich las das Buch von Isabel Allende: „INES meines Herzens“. Das Buch ist ein historischer Roman und handelt von der Besitznahme des Inkareiches Peru und Chile durch die Spanier. Dieser Pizarro, auf dessen Denkmal „Conquisitore des Inkas“ steht, war maßgeblich an der Ausrottung der Inkas beteiligt. Er wurde um 1471 in Trujillo als Sohn armer Eltern geboren, war Analphabet und in seiner Jugend Schweinehirte. Seine große Chance witterte er schon früh im unentdeckten Südamerika. Er raffte das Gold und zerstörte systematisch sämtliche Kulturgüter der Urbevölkerung. Pizarro war der Inbegriff von Gewalt, Menschenverachtung , Vetternwirtschaft und Korruption. Er war der härteste Richter seiner Zeit, es gab nur Todesstrafen oder Qualen bis zum Tod. Er war ein Meister der Intrige und
beutete seine eigenen Untergebenen genauso aus wie die Inkas. Als meistgehaßtester Mann in Peru und Chile wurde er dann selbst hinterrücks 1541 ermordet. Ebenso wie seine Brüder und seine Söhne. Er ist in Lima begraben. Ein riesiger „Palazzo Conquista“ erinnert deutlich an die Untaten der Spanier. Er war geschmückt mit Reliefs die Inkas darstellen, die an dicken Halsringen und Ketten aneinandergefesselt wurden.
GUADELUPE
ist berühmteste Pilgerzentrum der Spanier. Zur schwarzen Madonna pilgerten die österreichischen Prinzessinnen am Tag vor ihrer Vermählung mit den ihnen unbekannten spanischen Verwandten. Jeder Conquisitore nahm hier Abschied von Spanien und von der schwarzen Madonna, die ihm helfen sollte, möglichst viele Ungläubige auf den rechten Pfad des katholischen Glaubens zu bringen. Guadelupe war der Pilgerort der Könige. Der Ort liegt hoch oben in den Bergen. Man konnte nur mit einem guten Pferd den steilen Weg bewältigen oder man ließ sich, wie die Königinnen und Prinzessinnen, per Sänfte von Maultieren hinauftragen. Jeder Conquisitore versprach der schwarzen Madonna einen Teil seiner Beute, bevor er sich zu den südamerikanischen Kolonien einschiffte. Aus diesem Grund ist dieses Kloster besonders reich. Man fühlt sich fast erschlagen von der Fülle an Gold und Silber. Der Höhepunkt an Reichtum stellt eine Madonnenkrone dar, die ausschließlich aus beachtlich großen Diamanten meisterhaft gefertigt wurde.
Damit das gewöhnliche Pilgervolk nur ja nicht mit den hohen Herrschaften zusammentraf, haben sich die „Padres“ einen Trick einfallen lassen. Die schwarze Madonna ist in einem goldenen Schrein untergebracht , der ca 10 m hoch über dem Erdboden angebracht ist. Betritt man die gotische Kathedrale kann jedermann die Madonna aus der Ferne betrachten. Für die hohen auserwählten Herrschaften und das Königshaus galten andere Regeln: diese außergewöhnlichen Pilger durften durch einen besonders prunkvoll gestalteten Gang in den 2.Stock des Klosters hinaufgehen, um der schwarzen Madonna besonders nahe zu sein und um Gelegenheit zu bekommen ihre Füße zu küssen: Der Madonnenschrein wurde einfach umgedreht, das niedrige Volk mußte sich mit dem Anblick einer Gold und Emaile Täfelung zufrieden geben, während die Fürsten den Segen der Madonna nur für sich alleine beanspruchen konnten.
Heutzutage gelten wieder andere Regeln, von denen die spanischen Granden nicht einmal im kühnsten Traum zu denken gewagt hätten: Man zahlt 10 € Eintritt und wird mit einer kleinen Gruppe durch die klösterlichen Schatzkammern geführt. Die Führung endet in dem Prunkraum der Könige. Ein Klosterbruder hält eine kurze Rede zu den Pilgern und dreht die Madonnenstatue behutsam um. Bei unserer Führung sind sämtliche Besucher auf die Knie gesunken. Ein kurzes Gebet wird gesprochen, und dann reicht der Klosterbruder den Pilgern einen Splitter der Madonna, der in einem Rahmen mit Glas gefaßt ist zum Kuß hin. Nach jedem Pilger wischt er die Glasscheibe mit einem Taschentuch ab. Ich ging als letzte ganz nahe zur schwarzen Madonna hin, bedankte mich bei ihr, dass sie uns eine so schöne und komplikationslose Reise beschert hatte und verneigte mich tief vor ihr. Daraufhin wurde der Madonnenschrein wieder umgedreht, wir gingen in die Kirche hinunter und betrachteten die Madonna nicht mehr aus der Sicht der „Conquisatores“ – wir haben ja Spanien und Portugal mit unserem Campingauto „erobert“ – sondern aus der Sicht der einfachen Pilger, die um Frieden und eine glückliche Heimreise bitten.
Liebe Dorothea,Danke für den schönen Reisebericht,wir haben vor ca.10 Jahren eine Portugal Rundreise gemacht,mit Flug und Reisebus,und da habe ich mich an etliches errinnern können was Du beshrieben hast.
Liebe Grüße von Silvia und Karl