Wenn man durch Indien fahren will ist es am besten man mietet sich ein Auto mit Chauffeur. Man macht sich mit dem Driver die Route aus und er erledigt die administrativen Angelegenheiten der Reise. Ein Driver begleitet seinen Gast während der gesamten Reise, er ist auch Dolmetscher. Im Jahre 2002 wurde meiner Schwester Hanni von ihrer Arbeitskollegin der indische Driver Rocky empfohlen, der uns durch Radjasthan chauffierte. Rocky ist 34 Jahre alt, es war höchste Zeit für ihn zu heiraten. Zu seiner Hochzeit hat er uns eingeladen was eine besondere Ehre ist. Für Hanni war es die fünfte Indienreise und für mich die zweite, so konnten wir auf frühere Reise Erfahrungen zurückgreifen und wussten was uns erwartet. In Indien werden die meisten Hochzeiten von den Eltern arrangiert, Freunde und Verwandte helfen bei der Auswahl der Brautleute. Ein Astrologe prüft nach den Gestirnen ob die zukünftigen Eheleute gut zusammenpassen. Als Mitgift von einem Mädchen der Mittelklasse wird zumindest der komplette Hausrat erwartet, neben den Kosten für die Hochzeit. Ein Bräutigam der seine zukünftige Familie ernähren kann hat einen hohen Marktwert und kann sich schon mehr erwarten. Rockys Braut wurde besonders „sorgfältig“ ausgewählt. Asha ist 25 Jahre alt, für sie war es an der Zeit verheiratet zu werden, noch dazu wo ihre Eltern eine beträchtliche Mitgift bereithielten. In Indien ist das Heiratsalter üblicherweise niedriger. Rocky hat seine Braut vor der Hochzeit nie gesehen, sie hat ihm ein hübsches Foto geschickt, das wir alle bewunderten.
Vater Ramesh holte uns vom Flughafen in DELHI ab Wir kamen gerade zurecht denn die ersten Feierlichkeiten 2 Tage vor der Hochzeit waren voll im Gange. Rocky wohnt mit seinen Eltern, seinem Bruder und den 2 unverheirateten Schwestern in einem Haus. Die Feiern finden vor der Haustür auf der Gasse statt. Diese Gasse ist so schmal, dass keine Autos durch fahren können. Das hat den Vorteil, dass auch die kleinsten Kinder immer von Nachbarn beaufsichtigt sind und gefahrlos vordem Haus spielen können. Alte Leute werden nie abgeschoben, sie sitzen vor ihrem Haus, spielen mit den Kleinkindern , tratschen munter und wenn gekocht wird bleibt immer ein Teller „Dal“( Linsengericht ) und ein Fladenbrot für sie übrig.
Die ganze Nacht hindurch wurde in dieser Gasse getrommelt und getanzt. Netter weise hat uns ein Nachbar von Rocky sein Schlafzimmer zur Verfügung gestellt . Wir waren von der langen Reise so müde , dass wir trotz der Trommelmusik eingeschlafen sind . Ein Haus gleicht dem nächsten . Hohe schmale Stufen ohne Geländer führen von einem Stockwerk in das nächste. In jedem Stock befindet sich nur ein Zimmer. Vor jedem Zimmer ist eine Art „Gang“ mit Balkongeländer hin zur Gasse, alles offen ohne Fenster- es ist ja immer warm genug. Diese „Balkone“ ersetzten uns den Fernseher: wir übersahen alles was in der Gasse vor sich ging. Der dritte Stock hat oft noch Rohbaucharakter. Es gibt ein WC (orientalisches Stehklo) dort befindet sich ein Wasserhahn , davor steht ein Kübel und ein Häferl: Das war unsere Dusche. Das Wasser ist laukalt, soweit es fließt, denn in Delhi wird jeden Vormittag Strom und Wasser abgedreht. Vor der Klotüre saß ein großer schwarzer ( gutmütiger) Hund über den ich tapfer drüberstieg. Olivia schrieb mir dazu folgendes SMS “ besser ein schwarzer Hund vorm Klo wie eine schwarze Katze im Bett“. Die Mittelstands- Familie bei der wir wohnten war sehr gastfreundlich Ich konnte nicht herausfinden, wo die geschlafen haben, nachdem wir ihr einziges Zimmer belegten. Mich störten nur die Motten, die ständig im Zimmer herumschwirrten sobald man das Licht aufdrehte. Seidenschlafsäcke hatten wir mit, weil wir wussten, dass Bettzeug nicht üblich ist.
Der nächste Morgen begann mit dem Schreien der Muezzins aus den nahen Moscheen. Das Casetten- Gebrüll aus den diversen Lautsprechern verlief nie synchron, weil bekanntlich jede Zeituhr anders tickt!!( ca 5Uhr). Mir den ersten Sonnenstrahlen erwachten die Hühner in unserer Gasse welche die wilden Revierkämpfen der laut bellenden Hunde gackernd verfolgten. ( 5 Uhr 30 ) Punkt 6 Uhr weckten sich die Nachbarn per “ Strassen -Telefon“ – es wurde von einem Haus zum anderen gebrüllt, wahrscheinlich gibt es nur einen Wecker in der Gasse. Vor 7 Uhr wurden die Motorräder aus dem ebenerdigen Zimmer geschoben und mit Geratter gestartet. Danach kamen die ersten Straßenhändler, die durch lautes Ankündigen ihrer Waren oder immer denselben Geräuschen sofort akustisch identifiziert werden konnten. ( klingeln, pfeifen, rufen, auf ein Blechhäferl klopfen ) So kam in der Früh als erstes der Knoblauchmann, dann der Gemüsehändler, später ein Mann der „böhmische Dalken“ auf einem Benzinkocher in heißem Fett gebraten hat .Wenn man jetzt noch nicht putzmunter war, dann halfen die Schulkinder nach, die in der gegenüberliegenden „Primary school“ immer dieselben Sätze im Chor laut nachplapperten. Der Sari -Verkäufer und der Schuster kamen erst am Nachmittag ( Hanni hat sich gleich um sehr wenig Geld die Sandalen neu besohlen lassen)
Jede Hausfrau wischt am Vormittag ihr Haus mit einem nassen Fetzen auf und mit dem Restwasser sogar die Straße, Hunde wurden „Gassi“ geschickt ( die gehen ganz alleine) Danach gab es öfters kein Wasser und keinen Strom bis Mittag . Je nach Intelligenz der Hausfrau wurde ein Kübel Wasser aufs Klo gestellt.
Am Vorabend der Hochzeit fand ein großes Festessen in einem Zelt am Ende der Gasse statt, alle Gassenbewohner waren eingeladen. Die Zeltwände müssen ehedem weiß gewesen sein. Gekocht wurden 25 kg Hendlhaxerln in (scharfer) Sauce. Das Menü wurde in der Gasse von einem „Catering Service“ zubereitet: Fünf dickbauchige Riesenmetalltöpfe wurden per Fahrradrikscha herangekarrt . Die Töpfe, der Gasbrenner und die Gasflasche waren viel breiter als die Rikscha, die sich mühsam durch die Gasse zwängte. Neugierig wie ich war schaute ich beim Kochen genau zu. Es gab zwar 5 große runde Töpfe, aber nur eine Gasflasche und einen Brenner. Das Ergebnis war, dass die Hühnerbeine nicht durchgekocht waren , die Knochen waren innen hellrot!! Ich ging lieber hungrig ins Bett , als mit einer Hühnergrippe oder gar Salmonellenvergiftung. Später, beim Fest im Zelt gab es einen verschlossenen Wasserkanister mit Quellwasser. Dieses Wasser wäre auch für uns trinkbar gewesen , doch dann hatte ein Gast die tolle Idee, den Original Verschluß des Kanisters zu öffnen um Eiswürfeln hinein zu werfen um seinen Whisky mit kühlem Wasser aufzufüllen. Es war ja so heiß! Im Laufe des Abends wurden die Gäste und die Trommler ( indische Perkussion) immer wilder. Zu Essen gab es Tschabattis, (Fladenbrot) Reis, der leider fett war, Gemüse in scharfer Sauce und besagte halbrohe Hühnerbeine. Ich aß trockene Fladenbrote.
Am nächsten Morgen wurden die Brautgeschenke öffentlich hergezeigt. Vor Rockys Haustüre wurde ein indisches Bettgestell getragen und die Geschenke auf einem weißen Tuch aufgebreitet. Für die Braut Asha gab es wunderschöne SAREES ( Saris) viele waren reich bestickt , Sandalen mit Glitzersteinchens verziert , 2 kleine Glitzer- Handtäschchen , golden glänzende Armreifen , Perlenketten aus Flussperlen, goldene Ringe, Zehenringe(!!) Cosmetics in grellen Farben , prunkvolle Stoffe , meist Synthetik, Küchen- und Froteetücher. Nachdem sämtliche Nachbarn, die angereisten Freunde bzw Familienmitglieder die Geschenke bestaunt und betapscht haben, wurde alles in Koffer gepackt .
Der nächste Tag war DER große Hochzeitstag: Rocky, der seine Hochzeit selbst organisierte (sehr autoritär, sonst hätte nichts funktioniert) „befahl“ uns, ab 16 Uhr bereit zu sein, es kommen ein paar Mädchen , die uns in die (geborgten) Saris wickelten.
Einen Tag vorher waren wir bei einem Schneider, der uns die kleinen bauchfreien Blüschen nach Maß nähte. Wir bekamen einen bodenlangen Unterrock an dem wir unser Sari fixieren konnten. Rocky sagte die Europäerinnen haben immer Angst ihr Sari zu verlieren. Der Vormittag vor der Hochzeit war für unsere indischen Gastgeber recht hektisch: Vor unserem Zimmer liefen die Hausbewohner hin und her , und auf der Gasse brüllte immer irgendwer oder trommelte nach Herzenslust, Motorräder heulten auf …..die Inder scheinen gegen Lärm völlig unempfindlich zu sein. Schlag 16 Uhr standen wir frisch frisiert, geschminkt in unserem Unterrock und den kurzen Blüschen vor dem Zimmer : Ein Sari anzulegen ist eine komplizierte Angelegenheit . Ich wollte auf keinen Fall dass mein Sari bodenlang gewickelt wird. Ich bin es nicht gewöhnt ein langes Kleid zu tragen . Als Rocky zur Kontrolle kam musste mein Sari nochmals gewickelt werden, weil knöchellang zu kurz war!!!!! . Rockys Komentar: “ Eine Rajputin tragt bodenlang.“. Alle Einwände, dass ich Wienerin bin halfen nichts !!!!
Die Hochzeitszeremonien begannen: große Versammlung vor Rockys Haus.
Rocky stand vor seinem Haus auf dem indischen Bettgestell nur bekleidet mit weißer Unterwäsche !!! Er wurde von seinem Schwager NEU eingekleidet. Der hatte vergessen eine Schere einzustecken, damit die Originalverpackungen leichter aufzumachen waren. So musste Rocky ein Hemd anziehen, wo noch eine Stecknadeln pieksten, Socken, die man schnell auseinander riss, die Taschen der blütenweißen neuen Hose und des Sakkos waren ebenfalls fabrikmäßig zugenäht, Rocky konnte sein neues Taschentuch nicht einmal einstecken . Nein weinen musste Rocky sicherlich nicht, sich höchstens den Schweiß abwischen…. es musste heiß gewesen sein in diesem Anzug. Zum Schluss steckte sich Rocky einen Krummdolch in den Gürtel , ganz nach Rajputensitte. (Die Rajputen Hinduisten waren vor der mogulischen mohammedanischen Eroberung die Herrscher in Indien. Taj Mahal ist der Prunkbau eines islamischen Moguln )
Zum Schluss wurde Rocky ein großer roter Turban aufgesetzt , wobei das Gesicht von Jasmingirlanden verdeckt wurde. Ein Bräutigam sollte sich seiner Braut völlig neu eingekleidet nähern und auch den Eindruck von Reichtum erwecken: Für Rocky wurde eine Unmenge von neuen bankfrischen Rupien Scheinen an Girlanden festgemacht und um seinen Hals gehängt. Ein reich geschmücktes schneeweißes Pferd wurde herangeführt und Rocky setzte sich mit all seinem Geldschmuck um den Hals und den Jasmingirlanden vor seinen Augen drauf. Ein riesiger roter bunt bestickter Seidenschirm wurde über Rocky und Pferd gehalten. Das Hochzeitspferd hatte gute Nerven, weil es die laute Blasmusik und die permanenten Trommelschläge geduldig ertrug.
Rocky ritt seiner Braut entgegen. Dann stieg Rocky um auf einen Hochzeitswagen der übervoll mit Jasmingirlanden geschmückt war, sogar die Speichen der Räder waren mit weißen Jasminblüten verziert, was sehr schön aussah. Die Gäste formierten sich zum Festzug in Richtung Hochzeitszelt . Ich hielt den Rock meines schönen (geborgten) zyklam -färbigen Saris vorsorglich in die Höhe, ich wollte die breite silberne Borte am Saum auf keinen Fall beschmutzen, kannte ich doch die Straßenverhältnisse nicht. Sofort kam Rockys Anstands-Tante und sagte ich soll den Rock lassen wo er hingehört……
DER FESTZUG bestand aus 2 mit bunten Farben kunstvoll bemalten Elefanten. Auf deren Stirn stand mit weißer Kreide geschrieben : „Rocky weds Asha“ , dahinter trabten 2 reich geschmückte Kamele . Trommeln und Blechblasmusik dröhnte, Kinder versuchten auf die Elefanten bzw Kamele hinaufzuklettern. Ein Elefant spielte brav mit : als er spürte, dass schon wieder ein Kind hochklettern wollte, ging er mit den Hinterbeinen in die Knie, um so den Aufstieg für das Kind zu erleichtern.
Pyromanen fackelten kunstvolle Feuerwerke mit lautem Getöse ab , mit Rosenblätter gefüllte Böller wurden abgeschossen, wobei die Elefanten jedes Mal zusammenzuckten . Ein „Lichterzug“ gespeist aus der Elektrizität eines Generators, welcher auf einer Fahrrad Rikscha (!) transportiert wurde erhellte die Straße. Ein verkrüppelter Bettler näherte sich uns. Ich wollte ihm Geld geben und kramte in meiner Tasche, aber unsere Anstands -Tante verbot es strikte. Sie sagte wir sollten kein Geld geben weil sonst alle Bettler der Umgebung blitzschnell kommen würden . So steckte ich meinen Rupienschein wieder ein.
Endlich waren wir beim Zelt angelangt. Der Weg dahin war zu lang , nicht nur dass ich aufpassen musste um nicht in Elefantenmist zu treten , ich musste auch TANZEN!!! Das ging in Indien so: Ein Mann näherte sich mir mit einem Geldschein, den er über meinem Kopf schwang. Das heißt : er möchte mit mir tanzen und mich für meine „Güte“ entlohnen. Ich tat mein Bestes, obwohl ich mir vorkam wie ein ungelenker Zirkusbär, abgesehen davon daß es auch in dieser Nacht heiß war.
Im Zelt gab es Sesseln zum Ausruhen. Wir waren Ehrengäste und saßen in der ersten Reihe vor der Bühne, wo 2 rote Thronsessel aufgestellt waren für das Brautpaar. Auf einem dieser Prunk-Sessel wartete Rocky auf seine Asha.
Ich erzählte jedem der es hören wollte, dass wir extra zu Rockys Hochzeit aus Europa eingeflogen sind!!!
Wir waren hungrig, wir hatten seit dem Frühstück nichts zum Essen bekommen. In der Gasse wo wir wohnten gab es keine Möglichkeit irgendwo Essen zu besorgen . Es gab zwar klapperdürre Kühe , die waren aber weit entfernt von einem saftigenT-BONE- steak!
Im Festzelt waren dauernd Leute um uns die immerzu dieselben Fragen stellten. Wir hatten keine Möglichkeit zu Essen zu kommen. Irgendjemand hat sich dann unser erbarmt und eine Flasche Coca-Cola hingestellt. Coca Cola ist in Indien teuer und wird daher nur bei besonderen Festivitäten angeboten. Ich ersuchte ein Mädchen uns einen Teller vegetarisches Essen zu bringen . Das schlaue Kind brachte uns zum Gemüseteller einen Löffel mit. In Indien isst man ohne Besteck nur mit Hilfe von Tschapatis ( Fladenbrote ) . Ich habe das nie können: wir hatten in unserer Tasche immer vorsorglich Besteck eingesteckt.
Den Obstteller konnte ich nicht essen weil alles mit viel Ingwer vermengt war. So schmeckte das Obst ungewöhnlich scharf. Die Äpfeln waren nicht geschält und ich wollte kein gesundheitliches Risiko eingehen.
Bemerkung am Rande: das Aufsuchen eines W C `s war ein langer Marsch durch totale Finsternis und die Örtlichkeit eine Katastrophe … und das bei 500 Gästen . Was mich störte: die indische Diskomusik – sehr laut und sehr poppig. Man konnte sich nur brüllend verständigen , was bei den vielen Fragen, die an mich gestellt wurden mühsam war. Nach der Hochzeit hatte ich Halsweh und eine Stimme wie ein Blechhäferl.
Endlich NACH Mitternacht kam die Braut.
Sie zeigte ihr Gesicht. Das wunderschöne dunkelrote Hochzeitssari war überreich bestickt . Es war ein echtes Rajputensari, welches sich von den klassischen indischen Saris unterscheidet. Asha hatte ihre Hände, Arme und Füße mit Hennafarbstoff mit wunderschönen Ornamenten bemalen lassen . Sie trug viel Schmuck und einen großen Ring im Nasenflügel . Asha war sehr hübsch und farbenprächtig geschminkt . Sie setzte sich auf den Hochzeitsthron neben dem schweißgebadeten Rocky.
Eine indische Braut lächelt nie. Sie schaut traurig betroffen zu Boden , denn sie musste Abschied nehmen von ihren Eltern, von ihrer gewohnten Umgebung, von ihren Geschwistern und ihrem bisherigen Leben. Eine Braut zieht in das Haus ihres Mannes, wo zumeist seine gesamte Familie wohnt. Bei Rocky wohnen noch die beiden unverheirateten jüngere Schwestern , die nach der Schule keine Berufsausbildung gemacht haben und auch nicht arbeiten. Sie warten darauf , verheiratet zu werden. Beide Mädchen können kaum Englisch sprechen. Es wohnen auch Rocky’s Eltern und ein jüngerer Bruder im selben Haus.
Die Trauung dauerte gut 2 Stunden. Später begann das große Photographieren. Jeder wollte von sich und dem Brautpaar ein Photo , wobei fleißig Geld in das reich bestickte Täschchen der schönen Braut gesteckt wurde. ( SO, dass es jeder sehen konnte)
Völlig erschlagen und in der Wärme schon leicht zerronnenem Make-up nutzten wir die erste
Gelegenheit mit dem angeheuerten Bus zurück zu unserem Haus zu kommen. Es war 2 Uhr früh. Ich „duschte“ mich, indem ich am WC einen Kübel kaltes Wasser über mich schüttete. Ich fiel völlig erschöpft ins Bett…. aber schon um 9 Uhr Früh wurde ich durch lautes Getrommel und dem Gebrüll des „Gassen- Telefons“ aus meinem Tiefschlaf gerissen. Ich warf mir ein Kleid über und trat vor das Zimmer zum Balkon. Eine mit Jasmin verhängte Sänfte wurde vor dem Haus abgestellt. Die Braut ist zu ihrem neuen Heim getragen worden, zum Haus von Rocky und seiner Familie. Asha saß im Türkensitz in der Sänfte, die so groß war wie ein Umzugskarton. Mühsam kletterte sie heraus, ihr Gesicht war von dem tief heruntergezogenen Schleier total verdeckt. Sie wurde in das ebenerdige Zimmer geführt und saß dort wie ein „abgegebenes Paket“ auf einer Matte mit dem Rücken zur Türe. Als Asha von der Straßen aus nicht mehr zu sehen war , begann von neuem lauter Trommelwirbel.
Transvestiten tanzten ( im wahrsten Sinne des Wortes) an: Transvestiten bringen in Indien entweder Glück oder Pech … es kommt drauf an wie sie bezahlt werden. Rocky erzählte uns wenn man nicht das bezahlt was sie einfordern weichen sie nicht von der Stelle und „belagern“ das Haus . Sie sind SEHR aufdringlich!!! Diese Transvestiten waren hässlich. Sie waren groß, grell geschminkt (nur eine(r) war „hübsch“) , einige hatten schütteres Haar das sie mit deutlich sichtbaren Haarteilen zu kaschieren versuchten ( Im Gegensatz zu den Inderinnen, die wunderschönes dichtes Haar haben. ) Sie tanzten nicht gerade anmutig und sangen „Falsett“ mit unschönen „Blechhäferl“- Stimmen, ein paar Musiker spielten dazu auf indischen Instrumenten. Irgendwie sahen diese Geschöpfe „exotisch“ um nicht zu sagen „komisch“ aus. Wir spendierten die von uns geforderten Rupien und wurden mit Glückwünschen für die Zukunft belohnt. Später hörte ich, dass die Transvestiten mit ihrer provokanten Aufdringlichkeit unbeliebt sind, sie erpressen Geld sind rücksichtslos und aggressiv.
Am Abend fand noch eine kleine Hochzeitszeremonie “ vor Gott“ statt ( so erklärte es uns Rocky) Die Braut hatte sich umgezogen und war mit einem rot-goldenen Schleier tief verhüllt. Sie hatte einen langen rosa Seidenstreifen um die Taille gebunden und Rocky führte sie an diesem Band zu einem kleinen Hindu-Heiligtum ganz in der Nähe. Jetzt sind erst beide vor Gott und der Welt ein Ehepaar , nachdem 4 Tage und Nächte lang gefeiert, gegessen , getrommelt und getanzt wurde.
Die gesamte Ausstattung der Braut stand noch auf der Straße: 1 versperrbarer Kasten aus Blech, 2 Betten mit Matratzen und Decken , 1 Fernseher, 1 tragbare Klimaanlage, 1 Waschmaschine , 1 großer Kühlschrank, 1 Nähmaschine, 1 „Psyche“ ( Spiegel in Form eines Möbelstückes) 1 versperrbare Blechtruhe, Sitzgarnitur , Blechgeschirr…… Es war alles neu und noch original verpackt. Ich habe kein einziges persönliches Stück der Braut gesehen. Sie lässt ihr altes Leben vollkommen zurück in ihrem Elternhaus und beginnt ein neues Leben mit ihrem Mann.
Die Möbel wurden mit Stricken hochgezogen und durch den Balkon im 1. Stock ins Haus geschafft. (alles mit Muskelkraft) Es war aufregend zuzuschauen, wie die schweren Möbel durch die Luft schwebten und wie geschickt Rocky und seine Freunde die Arbeit angepackt haben.
Am vierten Tag war in unserer Gasse wieder das alltägliches Leben eingekehrt . Die Möbel waren ins Haus gehievt, die schöne Braut saß immer noch im Türkensitz am Sofa, den Schleier tief ins Gesicht gezogen, von den Besuchern abgewandt!! Asha wechselte allerdings mehrmals ihr Sari. Ich fragte Rocky ob seine Asha irgend einen Beruf gelernt hat . Sie sprach kein Wort Englisch und wenn sie zu ihrem frisch angetrauten Gemahl sprach, dann flüsterte sie nur. Nein sie hat nie gearbeitet, keinen Beruf erlernt , kann aber nähen , daher bekam sie eine Nähmaschine als Mitgift.
Wir wollten unbedingt weg aus der lauten Gasse. Rocky „lieh“ uns seinen jüngeren Bruder , damit er uns in Delhi herumchauffieren konnte. So fuhren wir zur Qutb Minar ,ein enorm hohes Minarett und Siegeszeichen der Muslime aus dem 12 Jahrhundert, mit roten Zeigeln erbaut und reich mit arabischen Schriftbändern als Einlegearbeit verziert. Der Eintritt zu diesem Wahrzeichen für Old Delhi kostete uns je 250 Rand, Einheimische zahlen 10 Rand!! 100 Rand sind ca 2 € ( zum Vergleich: ein hübsches Synthetik-Sari kostete in unsere Gasse 250 Rand, Hanni ließ sich ihre Sandalen neu besohlen und zahlte 100 Rand – inklusive 50 % Trinkgeld)
In DEHLI ist mir besonders der beißende Smog aufgefallen. Ich sah nie die Sonne am Himmel. Straßensperren machten ein Fortkommen schwierig, es wird seit Jahrzehnten an einer U Bahn gebaut. Ich sah allerdings weder Baumaschinen noch Kräne.
Zu Mittag wollten wir essen gehen. In der Nähe von Sehenswürdigkeiten gibt es nur Touristenrestaurants, alle vollklimatisiert. Der Temperaturunterschied ist mindestens 15 Grad. Die Filter der Klimaanlage werden NIE gewechselt, weil zu teuer, dieselbe Luft wird immer wieder herabgekühlt und dieselben Keime rundum durch das Lokal geblasen ….was sich für mich als FATAL erweisen sollte. Ich war erstaunt, dass in diesem Restaurant eine Suppe genauso viel kostete wie eine Hauptspeise. Wir zahlten für 3 Personen 750 Rand!! ( zum Verlgeich : als wir unterwegs Richtung Südwesten waren, zahlten wie für 3 Personen ca 250 Rand für ein gutes Essen )
Wir verließen Delhi.
Da Hanni in touristisch wenig erschlossene Gebiete bis zur Provinz Gujerat ( im Westen Indiens) fahren wollte, empfahl uns Rocky einen sehr versierten Driver, der sich nicht nur in Rajasthan auskennt, sondern ein Spezialist für GANZ INDIEN ist : Unser Driver RINKO sollte sich als wahrer Goldschatz erweisen. Sicherlich verdiente Rocky an der “ Vermittlung“ auch gutes Geld , aber wir hätten keinen besseren Driver finden können . Er bemühte sich sehr uns die Reise so angenehm wie es die Umstände erlaubten zu machen.
Unser erstes Ziel war TAJ MAHAL.
Wir waren schon beide in Taj Mahlal , aber dieses Grabmal ist so einmalig auf der Welt, dass wir es unbedingt nochmals sehen wollten, Fotos mit dem Taj Mahal als Hintergrund ist bei jeder Indien Reise obligatorisch und so zahlt der ausländische Tourist erfüllt von Vorfreude cool 14 € Eintrittsgeld. Das Grabmal wurde von 1632 bis 1650 aus weißem Marmor gebaut. Der Mogul-Schah Jahan erbaute das Grabmal für sich und seine Lieblingsfrau, die vor ihm an der Geburt ihres 14. Kindes gestorben ist. Der Thronfolger hat sich nicht gerade kulant seinem Vater gegenüber benommen, der mit seinen Feldzügen und dem Bau seines Mausoleums die Staatskassa in den Bankrott getrieben hatte. Er hat seinen Vater im Palast von AGRA an eine goldenen Kette gefesselt , mit Ausblick über den Fluß zum Taj Mahal.
Ich war SEHR bewegt, dass es mir in meinem Leben möglich war gleich 2 x TAJ -MAHAL zu bewundern. Wir waren wieder am späten Nachmittag dort, die langsam untergehende Sonne ließ das Mausoleum goldenen erstrahlen. Am Abend sind weniger Touristen dort , das macht den Besuch viel schöner und romantischer.
In Indien zahlt man wie überall auf der Welt hohe Autobahngebühren. Das spielt sich so ab: Man gibt einem Mann der vor dem Schalter steht Geld in die Hand. Der gibt es an dem Mann im „Häusl“ weiter und das Retourgeld zurück dem Driver….weiter vorne steht noch ein Mann der kontrolliert, ob man ordnungsgemäß bezahlt hat. Mit einem Wort : jeder Schalter ist 3 x besetzt!! In der Autobahngebühr inbegriffen ist „Belustigungsgebühr“ und „Zooeintritt“. Belustigend ist, dass auf einer 3 spurigen Autobahn mindestens 5 Autos nebeneinander fahren, man kann sich nur mit viel Gehupe halbwegs den Weg bahnen! Der Lärmpegel befindet sich immer auf maximaler Lautstärke . Hupen heißt: der Vordermann soll ausweichen oder zumindest in den Rückspiegel schauen….. und genau das kann der Fahrer NICHT, denn KEIN Auto hat einen Rückspiegel. Alle Rückspiegel sind abmontiert oder kaputt. Man überholt so knapp, dass für einen Spiegel kein Platz mehr ist ! Eine Autobahn ähnelt einem Zoo: Ich sah Elefanten, Kamele, Buckelrinder, Kühe, Wasserbüffel, Affen, wilde Hunde ….. Für Unterhaltung sorgt ein ununterbrochener Straßenkrimi: schafft es der Hund, die Kuh…. rechtzeitig die Straße zu überqueren ? Wenn nicht , dann kreisen schon riesige Geier am Himmel. Ich sah am Straßenrand eine Tafel : “ HYSTERIA REPEATS ITSELF“. Ich hoffte die Tiere haben alle diese Warnung gelesen und auch verstanden
Als wir nach den Besuch von Taj Mahal in unser Hotel kamen , musste ich mich sofort ins Bett legen, mit war schwindlig und ich war erschöpft. In der Nacht hatte ich Hustenanfälle und Schweißausbrüche. Mich haben sämtliche Keime der Restaurantklimaanlage in Delhi K.O. geschlagen und ich bekam eine saftige Grippe mit Schwächeanfällen. Ich habe alle Medikamente aufgefuttert, die ich im Koffer hatte, aber genützt haben sie kaum. Die Hitze setzte mir arg zu. In meinem Kummer wollte ich meinen Körper nicht noch mehr strapazieren oder unnötig belasten durch die ungewohnte scharf gewürzte Kost .Ich beschloss mein Essen auf ein absolut notwendiges Minimum zu reduzieren . Leider macht NICHT-Essen nicht nur schlank, sondern wenn man krank ist und keine Möglichkeit hat sich im Bett auszukurieren auch schwach. Meine Beine waren weich wie Gummi. Ich konnte mich nur mühsam aufrecht halten . In den Palästen schwankte ich von einer Säule zur anderen, der Husten quälte mich. Unser Driver Rinko sorgte dafür, dass wir nur frisches Essen bekamen. Die Straßen – Restaurants waren alles andere als hygienisch. Die Tische wurden selten abgewischt, alles war staubig . Ein Koch schaute aus wie der „Räuber Hotzenpotz“ . Alles an ihm war schwarz: die Schürze, das Hemd, die Hände, die Haare ….. Unser Rinko schaute genau in die Kochtöpfe und bestellte nur ganz frisch gekochtes Essen. Ich aß oft Suppe, Gemüse und eine Schale einfachen Reis , falls der frisch gekocht war, sonst knabberten wir an Fladenbrot ( Tschabattis) Wir hatten während der gesamten Reise NIE Verdauungsprobleme. Selbstverständlich aßen wir nur „hinduistisch“ vegetarisch!!
Wir fuhren weiter in den Süden in eine Gegend die kaum von Touristen besucht wird. Auf einer Bergkuppe befindet sich ein Rajputen Fort mit Palastgebäuden.(GWALIOR) . 2 riesige Hallen wurden in den Felsen gehauen , als Rückzugsorte für Frauen und Kinder bei Übergriffen der Mogulen. In doppelstöckigen Zisternen im Hof wurde das Monsun- Regenwasser aufgefangen . ( sehr beeindruckend) Was mich begeisterte waren die bis zu 17 m hohen Buddha -Figuren die am Berghang in den Felsen geschlagen wurden. Der Inder, der die Zehen dieser Figuren mit einem Besen abkehrte schaute wie ein Zwerg aus.
ORCHA ist ein kleinerer Ort mit einem Palast , der gleichzeitig immer auch Fort war , einem Tempel und einem Friedhof. Zu Mittag trafen wir die ersten Touristen seit Tagen. Es waren Deutsche, die mit ihren sehr hellhäutigen Windelkindern und einem Driver unterwegs waren. Es war sehr heiß, das Restaurant lag direkt am Rand der Straße. Die Kleinkinder saßen mitten im Straßenstaub und Smog, den die vorbeiratterten Fernlaster auspusteten. Als Mittagessen bekamen sie je ein Tetrapackerl süßes Orangengetränk. Der Hunger war durch den hohen Zuckergehalt schnell gestillt. Die kleinen Kinder haben nur gequengelt, selbstverständlich durften sie nicht frei herumlaufen wegen der Kühe und der Hunde, die es immer und überall gibt. Um zu vermeiden, daß die kleinen Kinder jeden Mist , der sich in ihrer Reichweite befand aufklaubten , mussten sie „brav“ bei Tisch sitzen, bis ihre Globetrotter-Eltern mit dem Essen fertig waren.
Unsere Reise führte uns langsam weiter. In Indien ist es kaum möglich mehr wie 40 höchstens 50 km in einer Stunde zu fahren. Der Verkehr ist für europäische Verhältnisse sehr dicht. Dazu kommt die Lärmbelastung durch das ständige Gehupe….nach einer 8 stündigen Reise im Auto hat man einen Kopf wie ein Wasserschaff.
Nach der langen Autofahrt wurde wir reichlich belohnt in KHAJURAHO. Der Ort lag dereinst an der Seidenstraße. Nachdem der Handel über die alten Karawanenwege zum Erliegen kam, versanken die ursprünglichen 85 Tempel aus dem 10 Jahrhundert im Urwald. Die Engländer haben diese Kunstwerke, welche nie von den Moguln zerstört wurden aus dem Dornrösschenschlaf befreit. Heute sind noch 20 Tempel erhalten , von der UNESCO berechtigt zum Weltkulturerbe ernannt. Wir Weißnasen haben wie immer saftigen Eintritt bezahlt und genießerisch die riesigen Steintempel mit dem reichen Skulpturenschmuck bewundert. Besonders beeindruckt hat mich ein riesiger Eber, aus einem einzigen Stein gehauen, statt der Borsten waren hunderte kleine Halbreliefs in seinem Rücken gemeißelt. Sein Rüssel war mindestens 1 m im Durchmesser!! In der indischen Mythologie hat jeder Gott ein Reittier und daher wurden auch die Tiere so kunstvoll gestaltet. Hanni war begeistert von den schönen Reliefs, die tanzende und musizierende Damen darstellten.
Da ich durch meine Krankheit noch immer erschöpft war und das grelle Sonnenlicht schlecht ertragen konnte, setzte ich mich abseits unter einem Baum . Den Schatten teilte ich mit einem possierlichen Mungo, der sich durch meine Anwesenheit nicht stören ließ.
Am Abend besuchten wir noch eine Tempelanlage , die vor der Stadt lag. Am Weg sahen wir ein Mädchen das aus einem Brunnen Wasser schöpfte. Das Häferl war an einem langen Strick befestigt . Wir blickten in den tiefen Brunnen, er war fast leer. Das Wasser war schmutzig, deshalb filterte das Mädchen das Wasser durch einen Schleier.
Ein Bub sprach uns in 4 (!!) Sprachen an: in Englisch, Französisch, Spanisch und Hindi . Er fragte uns ob wir das alte Dorf sehen wollten .Er wohnt dort und es ist 400 Jahre alt und das älteste in der Umgebung ,noch teilweise im Originalzustand erhalten. Die Schule und das Gemeindeamt waren aus Lehmziegel erbaut . Die Böden waren aus gestampften Lehm, den man dick mit Kuhdung einrieb. Dieser Bodenbelag sollte die Fliegen und Moskitos abhalten. Wir konnten uns gut vorstellen, wie ein indisches Dorf ohne Wasserleitung und Strom ausgeschaut hat. Der 12 jährige Bub zeigte uns voller Stolz die Schule, die aus 2 Räumen besteht . Die Kinder sitzen auf Matten am Boden , nur die größeren haben Bänke. ( alles sehr sauber) Ich sah kein Lehrmaterial und keine Tafel. Die Kinder lernen fast alles nur durch das Gehör. Oft kommen ausländische Lehrer, die ein halbes Jahr ohne Entgelt unterrichten = eine Art Entwicklungshilfe. Dadurch lernen die Kinder Sprachen, Geographie usw. Uns war klar, dass wir der Schule etwas spenden MUSSTEN. Unsere Spende wurde in kein Buch eingetragen …. wie es sein sollte……Ab er ein Rudel Kinder waren Zeuge, so hoffe ich, dass das Geld den Schülern zu gute kommt und kein Beitrag war für das neue Motorrad vom Oberlehrer.
In dem netten kleinen Dorf gab es wie überall in Indien Geschäfte in die man uns lautstark hereinzerren wollte. Diese Methoden sind für mich hinlänglich bekannt und ich reagiere überhaupt nicht mehr auf solche Lockrufe.
Dann kam ein Mann auf uns zu und wollte uns seine „Dachterrasse“ zeigen . Ich dachte da hätte man einen schönen Rundblick auf das gesamte Dorf welches von der Abendsonne in magisches Gold getaucht war. . Die Dachterrasse stellte sich als Dachboden heraus, der vollgerammelt war mit indischen Durchschnitts- Souvenirs. Wir saßen in der „Verkaufsfalle“. Hanni fragte proforma nach dem Preis von einer Holz-Spielzeug-Ente auf Rädern ( man konnte den Rücken öffnen) Der Inder verlangt 60 €…. er sagte, dass ist eine Antiquität die sein Großvater gesammelt hat ! Dieser penetrante Kerl dachte wir sind blöd!!!! Der Mann war ca 40 Jahre alt . Sein Großvater hatte in diesem Dorf schätzungsweise um das Jahr 1950 gelebt, wenn nicht früher. Der hatte wenn er reich war eine Hacke , eine Frau und eine Kuh , bestenfalls ein Bettgestell für ein halbes Dutzend Kinder und ein festes Dach wenn der Monsunregen niederprasselte. Gekocht wurde (und wird heute noch in ärmeren Behausungen) am Boden und wenn es zu den Tschabatis Gemüsecurry gab, dann war das purer Luxus. Dieser indische Opapa hatte sicherlich keine Antiquitätensammlung!! Der Verkaufshai ging mit seinem Preis grotesk herunter!! Ich sagte dann sehr stolz: wenn ich etwas haben will kann ich es mir locker kaufen, da muß ich nicht handeln und ein Geschenk nehme ich nur von guten Freunden an. Worauf ich fluchtartig den Dachboden verließ. Nachdem uns der Verkaufshai noch lautstark beschimpfte verließen wir so schnell wie möglich das pittoreske Dorf , SCHADE !
Wir fuhren weiter nach MANDU. Um das Jahr 1500 wurde am nahe gelegenen Berg auf einem Areal von 23 Quadratkilometern eine Brunnenanlage gebaut. Das Monsunwasser wurde in Becken, die in den Felsen gehauen wurde aufgefangen und in den niedriger gelegenen Plast geleitet. Als höchsten Luxus wurden Wasserbecken in Form von Lotusblüten auf der Terrasse im ersten Stock gefüllt. Die Zuflüsse waren geschwungen wie die Blattstängel. Dieser Palast wird zur Zeit renoviert. Dazu braucht man alte Baumaterialien, die an Ort und Stelle hergestellt werden. Ich sah , wie in Gruben der Kalk mittels eines Gartenschlauchs gelöscht wurde. Dieser weiche Kalk wird mit Schubkarren in eine kreisrunde Stein-Rinne geschüttet. Ochsen gehen im Kreis und fahren den Kalk mittels Mühlrad in der Rinne geschmeidig . Später wird roter Stein, der mittels einer sehr einfachen Maschine zu Sand zerkleinerter worden ist zum Brei gemischt und wieder mit dem Ochsengespann geschmeidig “ gefahren“. Die zähe rote Masse wird als Mörtel zum Restaurieren des alten Palastes verwendet.
SANCHI ist UNESCO Weltkulturerbe, ein magischer Ort. Ich bin ein reell denkender Mensch und glaube nicht an Wunderdinge , aber als ich den Hügel von Sanchi hinaufstieg spürte ich seit langem wieder Energie auf mich zukommen. Mir ging es erstmals auf unserer Rundreise nach fast überstandener Grippe wieder besser , so dass mir dieser Tempel besonders in Erinnerung geblieben ist. Sanchi ist gar kein Tempel, sondern eine riesige Steinkuppel ( ca 16 m hoch) indem sich ein Heiliger Schrein befinden soll, den aber noch niemand gesehen hat, weil die außerordentlich dicken Mauern noch nie durchbrochen worden sind, trotz mehrerer vergeblichen Versuche in früheren Zeiten. Das Bauwerk besteht seit dem 3 Jahrhundert vor Chr. und blieb seitdem unberührt. Um den archaischen Rundbau herum sind 4 dekorative Torbögen nach den Himmelsrichtungen ausgerichtet. Der Charakter dieser „Tore“ ist erstaunlicherweise eher japanisch als indisch. Auf 2 Pfosten ruhen 2 Querbalken. Diese „Tore“ sind reine Zierbauten die nirgends hinführen sind aus hellen Steinblöcken errichtet , mit Figuren und Halbreliefs überreich von beiden Seiten verziert. Es sind Szenen aus dem Alltagsleben hineingemeißelt: Feuer machen und kochen, aber auch Tanz- und Jagdszenen. Ich sah Elefantenschlachten, 4 Säulen- tragende Riesen mit dickem Bauch. Sie sahen aus wie griesgrämige (japanische) Summo- Ringer. Auf einem anderen Torbogen sieht man eine Parade von zwergwüchsigen, verunstalteten Menschen, deutlich sichtbar der übergroße Kopf mit den verzerrten Gesichtszügen, und die krummen, gebogenen Beine . Ich habe nirgends auch nur annähend ähnliche Bildinhalte gesehen.
In die westliche Provinz GUJERAT verirren sich selten ausländische Touristen. Unserem Driver ist es immer gelungen ein passables Zimmer für uns zu bekommen. Für uns war es wichtig, dass es nicht zur Straße gelegen war und womöglich ebenerdig, weil kühler. Die Zimmer sahen alle gleich aus. Ein großes Bett mit einer mehr oder weniger sauberen Decke drauf. Kein Bettzeug war vorhanden ,wir hatten Seidenschlafsäcke mit. Handtücher wurden nie bereitgestellt. Die Koffer stellten wir am Boden .Wichtig für uns war ein normales europäisches WC. Einen Kübel Wasser zum „Duschen“ gab es überall. Ich kann mich nur an 2 „Hotels“ erinnern. Einmal übernachteten wir in der Nähe von einem fast ausgetrockneten kleinen See . Ich wäre gerne 2 Nächte dort geblieben, damit ich mich endlich ein bisschen erholen könnte. Dort war sogar das Essen für mich gut verträglich ( (ich hatte den Mund innen noch voll mit Fieberblasen, ein Überbleibsel der Grippe ) Nachteil der Lodge: es gab keinen Strom!! Zum Abendessen wurde ein Generator angeworfen, der laut vor sich hinratterte. Der „Manager“ war den ganzen Abend „nicht zu erreichen“ und unser Rinku bekam keine „Drivers accomodation“ und musste im Auto schlafen. Das wollten wir ihm auf keinen Fall eine zweite Nacht zumuten und deshalb fuhren wir wieder weiter.
Ein anderes Mal bestellten wir im „Hotel“ das Essen. Wir haben immer dasselbe gegessen: Reis mit Gemüse, Suppe. Der Koch teilte uns mit, dass wir mindestens eine Stunde warten müßten. Ich fragte nach dem Grund: „er müsse am Markt fahren und die Zutaten für unser Essen besorgen“. DIESES Essen war sicherlich ganz frisch Wir verbrachten geduldig die Wartezeit in einem Mini-Garten vor dem Haus , in deren Mitte ein kleiner gemauerter Teich war. Der Hausherr erklärte uns stolz, dass in diesem Teich 3 Lotusblüten wachsen und ein „Ochsenfrosch“ wohnt. Das merkten wir schnell an seinem außerordentlich lauten Gequake, so als wolle er uns Eindringlinge so schnell wie möglich aus seinem Revier verscheuchen.
Hanni las in ihrem guten Kunstführer ( Verlag DK Dorling –Kindersley, http://www.dk.com) von 2 besonderen Wassertempeln. Nach den Bildern zu schließen sehr sehenswert. Unterwegs machte uns Rinko auf Leute aufmerksam, die mit unendlicher Mühe einen Brunnen gegraben haben. Dieser Brunnen wurde genau so gebaut wie vor 500 Jahren. Die Seitenwände sind mit Ziegeln abgestützt , auf einer schmalen Treppe konnte man einige Meter hinuntersteigen , um sich von dort aus „abzuseilen“ wenn man zum Grund gelangen wollte um später Reinigungsarbeiten durchzuführen. Man rechnete immer mit Monsunregen oder auf Grundwasser, welches hochsteigen könnte.
Die Grabungen waren schon bis zum blanken Felsen vorangekommen und immer noch war alles staubtrocken, kein Tropfen Wasser in Sicht. Wie haben gehört , dass es im Westen von Indien seit 3 Jahren keinen Monsunregen mehr gegeben hat. Jetzt begriff ich, warum die Bäume und Sträucher, deren Wurzeln nicht tief genug in die Erde wuchsen völlig kahl und ohne Blätter waren. Die Baumgerippe waren von einer dicken Staubschicht bedeckt
Als wir endlich beim „besonderen Wassertempel“ angekommen sind, sahen wir zunächst NICHTS. Normaler Weise sieht man einen Tempel schon von weitem. Zunächst verdächtigten wir unseren Rinko, uns an einem falschen Ort hingefahren zu haben. „Go ahead“ sagte er selbstbewusst was wir brav befolgten und entdeckte einen Maschenzaun mit einer offenen Türe, gingen weiter. Wir trauten unseren Augen nicht. Ich erblickte einen in den Felsen hineingeschlagenen Wassertempel aus dem 15 Jahrhundert der gezählte 5 Stockwerke tief in die Erde hinein gegraben war. Breite Treppen führten bis zur Brunnensohle. Ein alter Inder erklärte uns die Funktion dieses Tempels. Wer Herr über das Wasser war, hatte die absolute Macht. In diesem Tempel wurde das Monsunwasser aufgefangen, rituelle Handlungen demonstrierten Macht . Die wunderbar verzierten Säulen waren ineinander so verzahnt, dass auch die Sturzfluten der heftigen Monsunregen sie nicht umwerfen konnten, ebenso waren die Steinbodenplatten so verlegt dass sie nie weggeschwemmt wurden. ( und das seit mehr als 500 Jahren ) Feste wurden in dem unterirdischen Tempel gefeiert um die Götter um Regen zu bitten. Das Wasser sorgte für ein angenehmes kühles Klima während der heißen Jahreszeiten. (Moskitos müssten sich ebenfalls in diesem Gemäuer wohl gefühlt haben )
Durch die versteckte Lage konnte der Wasserschatz vor Feinden optimal geschützt werden.
Wir besuchten noch einen Wassertempel, der zwar nicht so exzellent erhalten war, dafür aber 8 (!) Stockwerke tief war. Die Überdachung war nicht mehr erhalten, wenn man vom Straßenniveau hinunter schaute konnte man die riesigen Ausmaße dieser Anlage überschauen ohne in die Tiefen der 8 Stockwerke hinabzusteigen und bis zur Brunnensohle sehen, die völlig ausgetrocknet war. Nicht einmal Schlamm war sichtbar.
Unseren südwestlichsten Punkt AHMADABAD ( eine schreckliche Stadt) verließen wir bald und fuhren weiter. Das im Führer verheißene Textilmuseum war für uns nicht zugänglich.
Parallel zur Straße beobachteten wir einen Pilgerzug von unendlich vielen Menschen der sich über Kilometer hinstreckte. Wir begleiteten die vielen Menschen fast einen ganzen Autofahr-Tag lang , sie nahmen eine gesamte Fahrspur in Anspruch. Der Pilgerzug war für indische Verhältnisse gut organisiert. Es gab Versorgungszelte mit gutem Trinkwasser, welches in Plastikbeuteln ausgegeben wurde. Man konnte sich im Zelt auf seiner Liegematte im Schatten ausruhen und es wurde ein Linsen Essen für ein paar Rupien angeboten. Es war einer der heißesten Tage die wir in Indien erlebt hatten. Für mich war es unvorstellbar, wie die Leute den unendlich langen Fußmarsch in praller Sonne auf der glühend heißen Asphaltstraße mit ihren dünnen Plastikschlapfen aushalten konnten.
Wir fuhren in die Berge und erlebten dort unangenehme Überraschungen. Jugendliche legten große Steine auf die Straße um die Autofahrer zum Anhalten zu zwingen um dann Geld von ihnen zu erpressen. Rinko erzählte uns, dass man als Fahrer völlig hilflos ist. Man muss versuchen sich so gut wie möglich durch die Steine in wildem Slalom zu manövrieren. Besonders schwierig ist das für Lastwagenfahrer. Die Polizei lässt sich mit den Straßenpiraten nicht ein Würden die Polizisten die Steine wegräumen, wären sie in der Folgezeit gleich wieder da.
Wir kamen unbehelligt nach MOUNT ABU . Mount Abu ist ein Zentrum der Jains. Die Jains sind eine hinduistische Sekte, die das Kastenwesen ablehnt. Hanni ist geradezu süchtig nach alten Jain –Tempeln, diese sind besonders schön, weil aus weißem Marmor gebaut und überreich mit Steinmetz Arbeiten verziert.
Mount Abu ist eine Art Naturschutzgebiet .Der so genannte Wald war vollkommen blattlos und verstaubt wegen der Trockenheit. Der einzige Unterschied der Bergstraße zu einer normalen Straße war eine Hupverbotstafel, um die Wildtiere zu schonen. Es wurde genauso laut gehupt wie überall in Indien, die einzigen Wildtiere waren Affen. Unser Driver Rinko ist ein Affenfan, seine „persönliche“ Schutzgottheit ist Hanuman, ein Gott mit Affengesicht. Diesem Gott muß man Opfer bringen: Er kaufte Affenfutter, packte es in kleine Zeitungspapierpäckchen und warf diese aus dem Fenster ( oft auch über das Dach drüber) Die klugen Tiere nahmen ihr Päckchen flink von der verkehrsreichen Straße und verschwanden damit im blattlosen Wald, öffneten es sehr geschickt und possierlich und futterten seelenruhig ihre Körnchens – einmal ist ein Affe auf die Kühlerhaube des Autos gesprungen: das bedeutet ganz besonderes Glück!
Mount Abu ist ein Erholungszentrum und Naturpark mit einem großer See, das Wasser hatte (leider) eine grau-grüne Farbe. Dieser See lockt viele indische Touristen an, die sich in gondelartigen Booten rudern ließen. Besonders fasziniert hat uns ein Eissalon. Eis ist etwas besonderes in Indien. Menschentrauben standen vor dem Verkaufsstand und schleckten genüsslich an ihrem grellbunten Eis, das aus einer italienischen Softeismaschine herausgequetscht wurden: pink, tintenblau und giftgrün waren die bevorzugten Farben.
Das HOLY-FEST stand vor der Türe. Dieses Fest richtet sich nach den Mondphasen , genauso wie unser Osterfest oder das Hammelfest in Marokko. Hauptbelustigung dieses HOLY-FESTES ist, sich gegenseitig mit Farbpulver zu beschmieren: ursprünglich gedacht als Zeichen besonderer Zuneigung und Freundschaft. In Farbe getaucht schauen alle Menschen gleich aus, sollten sich alle gleich fühlen . Die individuellen Gesichtszüge und Kastenzeichen sind für einen Tag verschwunden . In früheren Zeiten war es ein besonderer Gunstbeweis, wenn man mit roter Farbe beworfen wurde. Heute artet dieser nette Brauch in Aggressionen aus. Touristen sind bevorzugte Ziele .Es wird erwartet, dass man sich von den Farbanschlägen freikauft. Wir beschlossen „aufs Land“ nach RANAKPUR in eine Lodge zu fahren, um uns dort zurückzuziehen und vor Farb-Überfällen zu schützen. Ein wunderbarer Jain-Tempel aus dem 12 Jahrhundert ist dort der touristische Anziehungspunkt .
Wir blieben 2 Tage an diesem wunderschönen Ort und ich konnte mich endlich gut erholen. Rinku bestellte uns ein kühles Zimmer im Erdgeschoss eines Bungalows. Die Lodge liegt abseits der Straße und ist von einem Garten umgeben. So ein schöner Garten bedarf in dieser Klimazone besonderer Pflege: das Küchennutzwasser wird auf die Beete und Papaya Bäumchens geschüttet. Ich habe fast die ganze Zeit geschlafen und bin nur zu den Mahlzeiten aufgestanden. Das Buffet- Essen war lecker und für indische Verhältnisse milde gewürzt: zB kleine Auberginen in Sauce, Gemüsecurry, Spinat mit Knoblauch und viel frisch gekochter Reis. In dieser Lodge beobachtete ich die gesellschaftlichen Veränderungen seit meiner ersten Indien Reise : Der Besitzer ist bescheiden geblieben. Er hat seine Lodge langsam und im angemessenen Rahmen ausgebaut. Sein Hauptgeschäft ist das Restaurant im Garten auf einer überdachten Terrasse mit einem Selbstbedienungsbuffet das von europäischen Bus-Touristen vor allem zu Mittag aufgesucht wird.
Wir haben viel mit dem Besitzer geplaudert. Er schläft noch immer auf einer am Boden ausgebreiteten Matte in einem fensterlosen Raum am Eingang zur Lodge und trägt seit meiner letzten Begegnung dieselben aufgebogenen Schnabelschlapfen Er versorgt den täglich anfliegenden Papageienschwarm mit Futter und Wasser und wenn Jain Priester ihn aus dem nahe gelegenen Tempel besuchen , bewirtet er sie gratis mit Obst und Gemüse ( Jains sind strenge Vegetarier) Die von den Touristen fallen gelassenen Papierln und Plastiksackerln werden vom Personal gesammelt und zur gegebenen Zeit verbrannt. ( auf die Misthaufen darf man nicht schauen , auch wenn dort schlaue Affen nach fressbaren Abfällen suchen. ) Auf seinem Grundstück befindet sich eine Quelle mit für indische Verhältnisse gutem Wasser. Dieses Trinkwasser bietet er kostenlos für jeden an. Da er vor allem europäische Gäste hat wird original verschlossenes Trinkwasser in den üblichen Plastikflaschen verkauft. Der Lodge Besitzer sammelte die leeren Flaschen ein und stellt sie in Kisten neben seinem Wasserhahn als „Transportflaschen“ zur freien Verfügung. Die Lodge hat selbstverständlich nette Schlafräume und Staff-food für die Driver.
Für die Indischen Gäste muss die Lodge recht teuer sein, weil ich sah nur reiche Familien. Die wohnten mit ihren zahlreichen – zum Teil wild- lärmenden Kindern- in einem Zelt. „Retour a la nature“ ( wie die Nomaden im Zelt ) ist derzeit in Indien der letzte Schrei. So ein heißes Zelt ist wesentlich teurer wie ein cooles Zimmer. Der Besitzer erklärte uns, dass das Auf- und Abbauen der Zelte mühsam ist. Er musste eine „Garage“ errichten, damit er die Riesenzelte während der Monsun Zeit trocken lagern kann.
Je reicher die Familie ist, je sorgloser verhält sie sich der Umwelt gegenüber. Vor allem die Buben haben Blasengel Gesichter, sie sind zu dick. Kein Wunder: die werden mit pommes chips gefüttert und trinken literweise (teures) Coca Cola. Das Alu -beschichtete Chips Papierl wird fallen gelassen wo man eben gerade steht , ebenso die leer Cola Flasche. Wir beobachten folgende Szene: 4 dicke, offensichtlich reiche Inder ließen sich eine Bierflasche nach der anderen servieren. (eine Flasche Bier kostet mehr wie ein komplettes Essen ) Die leeren Bierflaschen wurden in hohem Bogen von der Terrasse hinunter in den Garten geworfen: so eine Geste wirkt besonders cool! Eine Flasche ist an einem Stein zerbrochen. Wir erzählten verärgert unsere Beobachtungen über dieses für uns unbegreifliche Benehmen dem Besitzer. Er sagte kein Wort sondern schickte sofort einen BOY um die Scherben im Garten aufklauben zu lassen Der beflissene Kellner servierte weiterhin kühles Bier, schenkte es sofort in die Gläser der Gäste ein und nahm diskret die leeren Flaschen gleich zurück!!
Ich habe das HOLY- FEST ohne einen einzigen Farbtupfer überstanden. Den Gästen die sich mit Farbe beschütten wollten wurde ein großer Platz vor dem Restaurant zugewiesen. Ich sah tagelang auf der Straße Leute, die von oben bis unten rot gefärbt waren. Vor allem auf der Haut pickt die Farbe noch tagelang.
Wir überschritten den Wendepunkt unserer Reise und fuhren weiter in Richtung Norden nach Rajasthan. Mir ging es mittlerweile gesundheitlich so gut, dass ich wieder von einem Weißwurstessen mit Brezen träumte.
Rajasthan liegt an der Grenze zur Wüste Thar . Die Bewässerung der kargen Felder erfolgt wie vor 3000 Jahren. Ein Ochsengespann das ständig im Kreis geht, bewegt ein Wasserrad mit kleinen Häferln, die auf einer langen Kette angehängt sind und Wasser aus dem Brunnen schöpfen das über Kanäle auf die Felder weitergeleitet wird, die von niedrigen Lehmmauern umgeben sind, damit nichts abfließen kann. Ein Inder sitzt hinter den Ochsen auf der Achse des „Waterwheels“ und treibt sie mit einem kleinen Staberl und viel Geduld an.
Am Weg zur nächsten Stadt JODPUR sahen wir Antilopen, die selten gewordenen wilden Kühe (graues Fell, kurze Hörner , ein Maul das an ein Pferdemaul erinnert, sie können trotz massigen Körper sehr schnell laufen) und Pfaue.
JODPUR ist meine Lieblingsstadt und hat hoch oben auf einem Felsenplateau einen Festungs-Palast. Die alte indische Trutzburg wurde wunderbar renoviert. Der Palast hat 372 Zimmer und etliche Wassersammelbecken im Inneren der Höfe. Nach dem Krieg und den kommunistischen Enteignungen durch Indira Gandhi war der Palast dem Verfall preisgegeben. Als die kluge Maharani ihre Ruine wieder zurückbekam entschloss sie sich zur Sanierung. Den Grundstein dazu legten die Horden von Fledermäusen. Die Maharani verkaufte deren Kot der sich im Laufe der Jahrzehnte angehäuft hat . In FES ( in Marokko ) habe ich gelernt, dass Taubenkot und der viel kostbarer Fledermauskot dringend benötigt wird , um Felle zu gerben, zu enthaaren und geschmeidig zu machen . Heute ist der Palast ein von lärmenden europäischen, japanischen und besonders lauten chinesischen Gruppenreisenden überlaufenes Ziel. Es gibt kaum mehr ein Eckchen in dem man die wunderbare Architektur in Ruhe genießen kann.
Im FORT AMBER (bei Jaipur) ist der Touristenandrang auch viel größer geworden. Früher haben die Elefanten auf UNS gewartet und wir wurden gefragt, ob wir auf ihnen zum Fort hinauf reiten wollten. Jetzt müssen sich Touristen lange anstellen um einen Elefantenritt zu ergattern. Souvenirverkäufer und Bettler sind bei Touristenanhäufungen immer besonders zudringlich und aggressiv.
Nach genau 4500 Kilometern Autofahrt auf Indiens Straßen fuhren wir zurück nach DELHI . Dort sahen wir noch einmal Rocky und seine Familie . Wir trafen uns an einem Wallfahrtsort wo ein Heiliger begraben lag, der gleichermaßen von den Hindus als auch von den Moslems verehrt wurde. Rockys Frau Asha hatte ein wunderschönes reich besticktes goldgelbes Sari an und ihren Schleier tief ins Gesicht gezogen. Sie sprach noch immer kaum ein Wort Die besser gestellten Leute spenden an diesem Pilgerort Essen für die Armen. Rocky brachte einen riesigen runden Blechbehälter mit süßem Reis mit und einen Tonkrug Erdbeermilch, das er in mitgebrachten Aluschälchen und Plastikbecher servierte. Viele Kinder kamen nur zum Essen dorthin.
Rinko erklärte uns, dass in Indien kein Kind hungern muss . Ich hoffe es bleibt so ( in sch`Allah) Ich beobachtete die Leute die andächtig zu dem Grab pilgerten und Blumengebinde opferten. Was mich sehr befremdete war, daß dieser Heilige Ort so ungepflegt war: Müll lag überall herum, um den umliegenden Garten kümmerte sich offenbar niemand. Mein Vorschlag wäre doch die herumlungernden Teenager diese Arbeit verrichten zu lassen, dafür bekommen sie ihr Gratis Essen von den Pilgern!
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Zum Abschluß von meinen Reisememoiren schreibe ich, quasi als Anhang, ein extra Kapitel über PUSHKAR, the Holy City near the Holy Lake:
Ich hatte Pushkar seit meiner ersten Indienreise in schlechter Erinnerung und wollte nicht noch einmal hinfahren . Die Stadt lag aber leicht erreichbar am Weg zurück nach Delhi . Unser Driver Rinku versprach uns ein ruhiges Hotel mit gutem Essen, etwas abseits gelegen von der lauten City. Gesagt- getan, am nächsten Morgen hupften wir schon vor Sonnenaufgang aus unseren Seidenschlafsäcken um ungestört zum Very Holy Lake zu gelangen.
Eine kleine Kuhherde begab sich gemächlich in die gleiche Richtung zum See um in den Abfallhaufen nach Futter zu suchen und Wasser aus dem See zu trinken. Wir folgten den Tieren und fanden daher leicht den Weg durch das Wirrwarr der engen Gassen . Im prallen Sonnelicht bei den „Ghats“ angekommen ( = Steinstufen, damit man leichter zum See hinuntersteigen und eintauchen kann) beteten und badeten dort bereits viele Inder. Schreiende Kinder wurden in das kühle Wasser getaucht , begleitet von schrillen Gesängen. Ich stand auf der obersten Stufe der GHATS. Hier werden Opfergaben vorbereitet und gebetet.
Fauliger Geruch stieg auf .Ich suchte verzweifelt nach einem Stofftaschentuch in meinem Rucksack, um es vor die Nase zu halten. Vor mir schlängelte sich, einer glänzenden Schlange gleich, ein schwarzer Abwasserbach die Stufen hinunter. Das schräge Sonnenlicht entblößte schonungslos die trockenen Stellen des Sees . Der heilige See war zur Hälfte ausgetrocknet , die Farbe des verbliebenen Wassers giftig grau grün, die Konsistenz ölig. Ein Becken war mit einer Betonmauer vom See abgetrennt. Das Wasser da drinnen war dunkelrot verfärbt, ebenso die ganze Umgebung = Rückstände von roter Farbe die verwendet wurde während des HOLY-FESTES, das vor einigen Tagen stattgefunden hat. Schaumkronen kräuselten sich am Beckenrand. Auch hier badeten die Menschen und stiegen mit einem roten Schimmer auf der Haut aus der Brühe. Ich hörte ein lautes Platschen , drehte mich um und betrachtete fasziniert eine Kuh die ihre Kuhfladen direkt in den See abwarf. Ein weiß gewandeter Mann kam im Schweinsgalopp auf mich zugertrottet . Sein Bauch schwappte rhythmisch auf und ab. Er hielt ein paar Rosenblätter in der Hand und wollte mir einreden für mich zu beten, wenn ich ihm reichlich Geld für diese Dienstleistung gebe…oder zumindest sollte ich die welken Rosenblätter kaufen.
Mein Blick verfinsterte sich schlagartig, ich hielt meine Hände fest verschränkt , schaute nur auf den Boden und stammelte unwirsch: „no Englich, no English, thank you, thank you ….“ Nach 10 Wiederholungen wurde der Mann wütend und brüllte, dass ich seine Religion nicht achte. Er zeigte auf meine Sandalen, die ich endlich ausziehen sollte . Ich antwortete immer wieder: No Englisch, thank you, thank you —- Mein Plan ging auf . Der Dicke hielt mich für leicht verrückt und während er sich davonschlich rief ich ihm so laut ich konnte nach : No Englisch, thank you thank you…..
Jetzt war es Zeit für mich, meine Sandalen auszuziehen. Ich kramte aus meinem Rucksack einen dicken Nylonsack, dann klopfte ich die Sandalen fest aus und stopfte sie hinein. Meine guten Sandalen wollte ich auf keinen Fall zu den ausgelatschten Schlapfen stellen, die kreuz und quer in der Gegend herumlagen . Schuhe in der Hand zu tragen war nur eines der vielen Verbote, die in Englisch und in Hindi alle paar Meter auf auffallend großen gelben Tafeln geschrieben standen. Meine Socken habe ich nicht ausgezogen! Ich suchte mit Argusaugen den Boden nach sauberen Stellen ab wo ich hintreten konnte . Die Stufen der Ghats waren überall mit Tierexkrementen bedeckt. Da auch die Tauben gefüttert wurden war alles weiß vom Kot. Herrenlose wilde Hunde versauten ebenso wie die Kühe den Weg zum See. Ich bemerkte niemanden, der es der Mühe wert gefunden hätte , einen Besen zur Reinigung zu benützen. Mein Taschentuch als Geruchsfilter vor die Nase gepresst nützte wenig. Die hoch steigende grelle heiße Sonne ließ die Abwässer, die sich im See ergossen dampfen , es stank erbärmlich. Ich versuchte das viel gepriesene Flair von Pushkar einzufangen. Es wollte mir nicht gelingen. Wir ließen die GHATS mit den Badenden und Betenden hinter uns und suchten uns einen Weg um den See zu umwandern. Es wurde heiß.
Vor mir am Boden entdeckte ich einen kleinen Steinblock. Ich wischte ihn mit einem Papiertaschentuch ab und zum Vorschein kam eine bezaubernde weiße Marmorplastik, die eine liegende Heilige Kuh darstellte, um den Hals eine gemeißelte Blumengirlande .Wie gerne hätte ich dieses Kultbild mit genommen…. natürlich durfte ich nicht , abgesehen davon daß Marmor sehr schwer ist. !! Spätestens am Flughafen wäre meine kleine Kuh von den Röntgenstrahlen entdeckt worden!! Ich ging langsam weiter zu einem uralten dicken Baum, der Stamm war mit weißem Kalk bemalt. In den Zweigen hingen viele bunte Fähnchen und Bänder. Unter diesem Baum saß völlig bewegungslos ein Mann mit verwilderten weißen Haaren und langem Bart. Er schien in seiner Unbeweglichkeit mit dem Baum verwachsen zu sein und hatte die gleiche weiße Farbe wie die Rinde . Langsam ging ich auf den Mann zu , um ihn nicht zu erschrecken , beugte mich zu ihm herunter und legte einen Rupienschein in seine Reisschale. Er erteilt mir mit kaum merklicher Lippenbewegung seinen Segen. Der Zauber war schnell vorbei als mir der strenge Geruch des Mannes in die Nase stieg.
Ich zog meine ekelig schmutzigen Socken aus und die Sandalen wieder an. Ich suchte einen Mistkübel , fand weit und breit keinen, folglich ließ ich meine Socken dort liegen, wo ich sie ausgezogen hatte. In meinem Hotel angekommen duschte ich ausgiebig und hoffte, daß wenigstens dieses Wasser sauber war .
Im Reiseführer lese ich nach, dass PUSHKAR „Very Holy“ ist . Zitat: „Die Legende sagt, dass Gott BRAHMA in diesem See eine Lotusblüte fallen ließ auf der Suche nach einem Opferplatz. Heute ist Pushkar ein Anziehungspunkt für gläubige Hindus und Touristen, ein idealer Platz für gestresste Menschen um auf den GHATS Ruhe und Erbauung beim Meditieren zu finden, ein internationaler Treffpunkt für Hippies und gleich gesinnte Jugendliche , ein Ort wo man den Sinn des Lebens nicht nur suchen kann, sondern auch findet…….“ AHA
Der Abflug aus Delhi gestaltete sich kaotisch. Erfahrungsgemäß waren wir 3 ½ Stunden vor Abflug am Flughafen . Alle Flüge nach Europa gehen in der Nacht von Delhi weg. Die Inder, die zum ersten Mal in ihrem Leben flogen waren völlig hilflos. Personal war kaum zu finden. Wir waren leicht erschöpft, als wir an unserem Gate ankamen. Wir hatten unseren Flug von der Fluggesellschaft eine Woche vorher bestätigen lassen und hier wurde uns auch eindringleichst empfohlen mindestens 3 Stunden vor Abflug am Flughafen zu sein.
RINKO ist ein sehr erfahrener, ruhiger ALL INDIA Driver der gut Englisch spricht und sich überall fachkundig auskennt, er war unser „Bodygard“ und „Babysitter“ und hat uns 4.500 km sicher über Indiens sehr verkehrsreichen Straßen sicher kutschiert ( 2 seiner Brüder sind auch empfehlenswerte Driver ) Vor allem ihm haben wir zu verdanken, daß unsere Indienreise so schön war. Preise muß man mit ihm persönlich aushandeln, je nachdem wohin und wie lang man fahren will, am besten ist er via Mobile oder e-mail zu erreichen.
Rinko Ranjeet Singh
S/O Trilok Singh
WA- 65 A Shakarpur Street Nr 13
Gurudwara Gali, 110092 Delhi
Mobile +919899607099, e-mail: ranjeetjatt2001@yahoo.co.in
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